"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

 

Europäischer Gerichtshof (EUGH) hat in einem Grundsatzurteil vom 11. Januar 2005 die freihändigen Vergaben der Kommunen an gemischtwirtschaftliche Einrichtungen gestoppt. Kommunen können auch mehrheitlich von ihnen beherrschte kommunal-private Gesellschaften nicht ohne vorherige Ausschreibung beauftragen. Dieses Urteil betrifft auch die Kasseler Städtische Werke Aktiengesellschaft mit ihrer Minderheitseigentümerin Hamburger Electricitätswerke AG (HEW). Welche Auswege in dieser Situation die Städtische Werke AG sucht, geht aus dem folgenden Bericht hervor. Redaktion "Unser Wasser Kassel"


Regionale Kooperation bei der Wasserver- und Entsorgung

 

 

Abschrift

 

Georg Lewandowski
Oberbürgermeister
Kassel
15.4.2005

Frau
Stadtverordnetenvorsteherin
Christine Schmarsow

43. Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss am 3.Mai 2004
Beschluss Nr. 1104
Betr. Regionale Kooperation bei der Wasserver- und Entsorgung

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

ich habe die Städtische Werke AG als zuständiges kommunales Unternehmen gebeten, federführend die Gespräche mit den Umlandgemeinden zu führen.

Im September 2004 habe ich die Bürgermeisterin und die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden des ZRK, sowie die Vertreter des Abwasserverbandes Losse-Nieste-Söhre und des KEB zu einem ersten Informationsgespräch eingeladen. Ziel war es, die Möglichkeiten gemeinsamer Aktivitäten in der Wasserver- und entsorgung zu prüfen.

Seitens der Städtischen Werke wurde damals dargestellt, dass aus der Richtung staatlicher Aufsicht wegen der neuen Trinkwasserverordnung höhere Ansprüche gestellt werden. Dagegen könne man sich nur wappnen, wenn man sich gemeinsam in der Region stark aufstellt.

Von den Anwesenden wurde damals berichtet, dass die meisten mit ihrer Wasserversorgung zufrieden sind, insbesondere was die Wasserqualität und den Preis betrifft.

Es wurde übereinstimmend auch berichtet, dass diejenigen, die derzeit schon von den Städtischen Werken bedient werden, damit sehr zufrieden sind und dass es Kooperationen mit dem KEB im Bereich des Abwassers gibt, die auch sehr gut funktionieren.

Das Ziel der Besprechung wurde positiv aufgenommen und es wurde vereinbart, miteinander im Gespräch zu bleiben und weiter zu prüfen, welche Möglichkeiten der interkommunalen Kooperation es gibt.

Die Städtischen Werke haben weitere Gespräche mit der Geschäftsführung des ZRK und den Vertretern der Gemeinden geführt und weitergehende Überlegungen angestellt.

Dabei wurde berücksichtigt, dass die Gemeindevertretungen überwiegend wünschen, die örtlichen Aufgaben örtlich zu lösen und gegen jede Aufgabe von Selbstbestimmung und Aufsicht über das Wasser sind. Außerdem war klar, dass die Freiheitsgrade interkommunaler Zusammenarbeit begrenzt sind. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund der inzwischen verschärften Ausschreibungspflichten, denen die Kommunen seit neuestem unterliegen.

Es konnten daher von der Konzeption her nur drei Varianten vorgeschlagen werden:

  • Ausweitung der Zweckbestimmung und der Tätigkeiten des ZRK oder
  • Öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zwischen den Kommunen oder
  • Bildung eines ausschließlich für Wasser zuständigen Zweckverbandes.

Diese drei Modelle genügen den von den Städtischen Werken als richtig erscheinenden Zielen:

  • Das Wasser muss sauber bleiben
  • Das Wasser muss kommunal bleiben
  • Das Wasser darf nicht fremdbestimmt werden.

Zwingende Randbedingungen dabei sind:

  • Akzeptable Preise
  • Entlastung der Verwaltung von unmittelbarer Haftung
  • Sicherung nachhaltiger Wasserwirtschaft
  • Politische Akzeptanz der Wasserwirtschaft

Die Variante 3 haben die Städtischen Werke juristisch-konzeptionell prüfen lassen. Die Prüfungsgesichtspunkte waren:

  • Freiwilligkeit
  • Leichte Umsetzbarkeit
  • Politische Akzeptierbarkeit
  • Sukzessive Vorgehensweise möglich
  • Ausschreibungsfreiheit (nordhessische Lösung)
  • Größere operative Einheit mit Synergie- und know-how-Zuwachs

Das Konzept der Städtischen Werke sieht folgendermaßen aus: Einige Kommunen gründen einen Zweckverband, dem sie die Aufgabe ihrer Wasserversorgung – evtl. auch nur teilweise – übertragen. Auch die Städtischen Werke werden Mitglied dieses Zweckverbandes.

Die Städtischen werke übertragen dem Zweckverband die Aufgabe der raumbezogenen Wasserwirtschaft, damit die räumlich interessierenden Themen auch einer regionalen Körperschaft im Konsens geregelt werden können.

Der Zweckverband kann nun seine Mitgliedern, einzeln oder gemeinsam, entgeltlich oder unentgeltlich, Aufgaben übertragen oder rückübertragen, die ihm kraft Zweckverbandssatzung obliegen. Zu diesem Zweck bedarf es seitens des Zweckverbandes nicht der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Zweckverband ist nicht verpflichtet, entgeltliche Leistungen auszuschreiben, wenn sie von Mitgliedern des Zweckverbandes erledigt werden sollen. Der Zweckverband ist nicht verpflichtet, Leistungen, die er vergeben will, einem Mitglied zu übertragen. Er ist nicht verpflichtet, Mitglieder bei der Vergabe von Aufträgen zu berücksichtigen. Er kann bei der entgeltlichen Übertragung von Aufgaben an Mitglieder frei ohne die Zwänge des Vergaberechts verhandeln. Der Zweckverband muss nicht über das Eigentum an den Versorgungsanlagen verfügen. Das Eigentum an Brunnen, Rohrleitungen usw. kann bei den Gemeinden bleiben. De Zweckverband ist offen für Beitritt oder Austritt. Für beides sind die Hürden gering, solange keine Vermögenswerte übertragen werden. Hierdurch wird (schon ab zwei Kommunen) gegenüber dem derzeitigen Stand, die Schlagkraft durch Synergiebildung erhöht.

Aus Sicht der Städtischen Werke AG erhöht dieses Konzept die Sicherheit der Versorgung und es unterstützt die Wirtschaftlichkeit und die Nachhaltigkeit.

Der Vorstand der Städtischen Werke AG hat am 8.3.05 das Konzept der Bürgermeisterkreisversammlung vorgetragen, in der anschließenden Diskussion wurden jedoch keine Entscheidungen oder Vorentscheidungen getroffen.

Die Städtischen Werke werden weitere Gespräche mit den Beteiligten führen. Sollte es zu einem Konsens kommen, so wird dieser den städtischen Körperschaften zur Beratung vorgelegt. Es ist dann zu entscheiden, ob das Konzept auch für die Abwasserentsorgung anwendbar ist.

Mit freundlichen Grüßen