"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA, 20.1.2003

Kein zweites Stück vom Kuchen
Ein weiterer Verkauf von Anteilen der Stadtwerke ist derzeit nicht in Sicht

Von Jörg Steinbach

 

Kassel. Wird hinter den Kulissen der Energieversorger um eine Beteiliigung der Energie-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM) an den Städtischen Werken Kassel verhandelt? In beiden Konzernzentralen wird abgewunken - es gebe keine Gespräche und schon gar keine konkreten Verhandlungen über eine Beteiligung

Gerüchte um einen Einstieg der hochprofitablen EAM bei den Kasseler Stadtwerken hatten neue Nahrung bekommen, nachdem der neue EAM-Chef Christian Simon im Dezember 2002 öffentlich darüber nachgedacht hatte, dass sich die EAM bereits 1999 beim Verkauf von Stadtwerke-Anteilen trotz überzogener Forderungen zur Beschäftigungssicherung hätte beteiligen sollen.

1999 war ein Verkauf der Städtischen Werke an den EAM-Konzern gescheitert, weil die Arbeitsnehmervertreter ihre Zustimmung verweigerten. Im Jahr 2000 stiegen dann die Hamburgischen Electrizitäts-Werke (HEW) und ihre Mehrheitsaktionärin, die staatliche schwedische Vattenfall-Gruppe, bei den Kasseler Stadtwerken ein. Simon stellte die Frage, was die Hamburger und der dahinter stehende Energieriese Vasa Energy wohl mit dem 24,9-Prozent-Anteil in Kassel, fernab ihren Zentralen möchten. Und bekundete das Interesse der EAM an einer Beteiligung. Daran hat sich auch nichts geändert. "Klar wären wir interessiert", sagt EAM-Kommunikationschefin Birgit Lohuis auf HNA-Anfrage.

Doch daraus wird wohl vorerst nichts. - Denn erstens würden sich die Hamburger gerne das zweite große Stück vom Kasseler Stadtwerke-Kuchen einverleiben. Und zweitens will die Stadt derzeit gar nicht verkaufen. "Es gibt keine Verhandlungen", sagt im Rathaus Beteiligungsdezernent und Kämmerer Dr.Jürgen Barthel. Den ersten Anteil hatten die HEW zur Freude des Kämmerers und zum Wohle der leeren Stadtkasse mit 110 Millionen Mark bezahlt. Für weitere 24,9 Prozent wurde mit dem Segen des Stadtparlaments eine Option ausgehandelt.

Nach einem Kniefall der Parteien vor der Gewerkschaft ÖTV im Jahre 1996 wurde nämlich ein Vertrag geschlossen, der bis 2006 lediglich eine Beteiligung von 24,9 Prozent zuließ. Darüber wurde inzwischen politisch anders entschieden. Doch im Rathaus will Dr. Barthel "die Option im Augenblick nicht ausüben; aber sich für die Zukunft "Entscheidungsmöglichkeiten offen halten".

Das Pokern hat einen achtstelligen Hintergrund. Für das zweite Kuchenstück würde deutlich weniger Geld in die Stadtkasse fließen, weil der Preis an das Gesamtergebnis der Städtischen Werke gekoppelt ist. Doch dieses Ergebnis leidet unter den miesen Zahlen bei der Fernwärme. Schätzungsweise 35 Millionen Euro könnten fällig werden. Die Hamburger könnten durch diesen günstigen Preis die Gesamt-Rentabilität ihrer Kasseler Beteiligung deutlich steigern. Aber die Stadt würde mit einem solch niedrigen Erlös ein schlechtes Geschäft machen.

Weil die HEW-Option aber bis Ende 2003 gilt, ist kaum vorstellbar, dass bis dahin ein anderer Interessent zum Zuge kommen könnte ? auch wenn er mehr Geld mitbrächte. Denkbar ist allenfalls, dass die beiden Energiekonzerne hinter den lokalen Akteuren - Eon bei der EAM und Vasa Energy bei HEW - auf die Idee kommen, ihre Beteiligungen zu arrondieren. Sollten die Claims der Energieriesen neu abgesteckt werden, ruft dies sicher die Kartellwächter auf den Plan. Wohl auch deshalb ist über solche Gespräche in Kassel oder Hamburg nichts bekannt.