"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 24.2.2004

Chance oder Gefahr fürs Wasser?
Trinkwasserversorgung:
Was bedeutet die Wasserunion für das wichtigste Lebensmittel

Pro und Kontra

 

Seit einem Jahr wird über die Gründung einer Wasserunion durch Städtische Werke und EAM heftig gestritten. Die Befürworter verweisen darauf, dass viele Städte und Gemeinden künftig der Hilfestellung bei der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung bedürfen. Und wollen dafür einen kompetenten regionalen Dienstleistungsanbieter auf die Beine stellen, damit Arbeitsplätze und Investitionen in der Region bleiben. Kritiker sehen dagegen das Trinkwasser in Gefahr. Den an EAM und Städtischen Werken beteiligten Konzernen gehe es nicht um Qualität, Versorgungssicherheit und günstige Preise, sondern allein um die Gewinnmaximierung im Sinne ihrer Aktionäre. Weil die Raffgier von Aktienbesitzern künftig das Geschäft bestimme, sei wie in England bald mit schlechterer Qualität und höheren Preisen für Trinkwasser, mit Einschränkungen beim Umweltschutz und mit Personalabbau bei den Wasserwerken zu rechnen.

 

Konzernen Paroli bieten
PRO: Eine Wasserunion dient der Region

Jörg Steinbach
(45), HNA-Redakteur

 

Es geht bei der Gründung einer Wasserunion nicht darum, die Trinkwasserversorgung nach englischen Muster den Profitinteressen von Konzernen auszuliefern. Es geht darum, genau dies zu verhindern. Denn wie bei Strom und Gas wird in Europa auch der Wassermarkt geöffnet. Dann können sich Gemeinden, die kein Geld mehr für Investitionen, teures Fachpersonal und die Sicherung steigender Qualitätsstandards haben, einen Partner für die Trinkwasserversorgung suchen. Wer verhindern will, dass dann Konzerne irgendwo aus Europa allein ein attraktives Angebot auf den Tisch der Gemeindeverwaltung legen, der muss dafür sorgen, dass sich lokale Anbieter gut aufstellen können, um im künftigen Markt zu bestehen. Das Beispiel Vellmar zeigt, dass die Kasseler Stadtwerke bereits gut sind. Aber mit einem Partner wie der EAM, bei der die meisten Kommunen in der Region bereits Kunden sind, noch besser werden könnten.

Dabei geht es nicht bloß um ordentliches Trinkwasser. Sondern auch darum, dass Arbeitsplätze und viele Euro-Millionen für Investitionen in Nordhessen bleiben. Deshalb verdient die Wasserunion eine Chance. Das Risiko bleibt überschaubar. Denn ein weiterer Verkauf der Stadtwerke oder die Aufgabe der Sperrminorität bei der EAM liegt immer noch in der Hand der Kommunalpolitiker.

 

Im Notfall Konkurs
KONTRA: Ausverkauf auf dem Rücken der Bürger

Holger Schindler (48), HNA-Redakteur

 

Vielen Kommunen in Nordhessen steht das Wasser bis zum Hals. Doch sie sollten sich hüten, ihre Wasseranlagen zu versilbern und das Trinkwasser aus der Hand zu geben. Denn damit geben sie ein Stück Daseinsvorsorge für ihre Bürger auf, und die sind langfristig die Verlierer. Eine Wasserunion in der Hand eines Großkonzerns hat ein Ziel: aus Wasser Profit zu schlagen. Den Verbrauchern drohen höhere Preise, sinkende Qualität und schlechterer Service.

Dass nur privat geführte Konzerne hohe Qualitätsstandards erfüllen können, ist ein Märchen. Die Wasserversorger der Region erledigen diese Aufgabe seit langem erfolgreich. Als Beispiel sei hier die Gemeinde Lohfelden genannt: Die Wasserqualität ist hervorragend, die Kosten sind mit 1,50 Euro pro Kubikmeter viel geringer als in Kassel, und die Netzverluste, als Gradmesser für den Zustand des Leitungsnetzes, gering.

Auch in puncto Nachhaltigkeit verspricht eine Privatisierung nicht Gutes. Die Londoner Thames Water mag als warnendes Beispiel dienen, wo riesige Netzverlutze auf fehlende Unterhaltungsinvestitionen hinweisen. Aber wenn die Leitung leer ist, kann sich ein privater Versorger notfalls in den Konkurs zurückziehen. Wo kommt dann das Trinkwasser her? Dann sind die Kommunen wieder gefragt. Und den Schaden, den zahlen die Bürger.