"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

[Anmerkung der Redaktion:
Vattenfall ist über seine Tochter Hamburger Electricitätswerke AG zu 25% an der Kasseler Städtische Werke AG beteiligt
EON liefert über seine Tochter EAM Strom an die Städtischen Werke Kassel]

taz, 13.7.2004

Strompreise werden in Kürze kräftig kletten
Energiekonzern kündigt neue Runde bei Preiserhöhungen an
Energieerzeuger nutzen fehlende gesetzliche Kontrolle


 

Berlin taz - Der Stromkonzern Vattenfall will seine Preise für die Durchleitung um etwa ein Viertel erhöhen. Für die Endkunden würde sich das in etwa 5 Prozent höheren Preisen niederschlagen, so die Financial Times Deutschland. Es wird damit gerechnet, dass die anderen drei großen Konzerne in Deutschland nachziehen.

Vattenfall, Deutschlands Nummer drei, begründet die Preiserhöhung bei den so genannten Netzentgelten mit neuen Leitungen, die für Windräder gebaut werden müssten - eine alte Argumentation der Stromkonzerne, die von Vertretern der alternativen Energien seit langem als hanebüchen kritisiert wird. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) nannte die Pläne gestern in der FTD denn auch "Preistreiberei".

Trittin liegt seit langem im Streit mit seinem für Energie zuständigen Kabinettskollegen Wolfgang Clement. Der Wirtschaftsminister soll eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vorlegen, in dem die Preisgestaltung der Strom- und Gaskonzerne sowie deren Kontrolle festgelegt werden. Unter anderem eine EU-Richtlinie fordert, dass es eine solche Kontrolle spätestens zum 1. Juli dieses Jahres geben soll. Deutschland ist das einzige der alten EU-Länder, das diese Richtlinie noch nicht umgesetzt hat.

Derzeit regelt den Markt eine so genannte Verbändevereinbarung. Diese garantiert den großen Versorgern freie Hand, eine Kontrolle gibt es de facto nicht. Nach der Sommerpause soll wohl ein Entwurf des EnWG in das Bundeskabinett, danach geht es in den Bundestag und den Unions-regierten Bundesrat. Bis das Gesetz in Kraft tritt werden also noch Monate vergehen.


Clement und die Oligarchen
Die SPD fördert den Machtmissbrauch der Stromkonzerne

Matthias Urbach

Vor nunmehr sechs Jahren wurde der Markt für die Elektrizität liberalisiert. Anfangs sanken die Strompreise drastisch, doch inzwischen sind sie wieder auf altem Niveau. Das ist den Stromkonzernen nicht genug. Vattenfall will die Gebühren für die Nutzung seines Stromnetzes ab 2005 um satte 28 Prozent erhöhen - die anderen drei Großkonzerne, Eon, RWE und EnBW, werden ziemlich sicher folgen. Seit Jahren nutzen die Konzerne, die die Verbundnetze kontrollieren, eiskalt ihre Marktmacht aus. Das ist nur verständlich.

Völlig unverständlich ist, warum die Regierung sie gewähren lässt. Deutschland ist das einzige EU-Land, das noch immer nicht über eine Regulierungsbehörde für den Strommarkt verfügt. Zwar soll so eine Aufsicht nun entstehen, doch der Gesetzentwurf von Wolfgang Clement lässt nicht Gutes ahnen. Denn darin werden der Aufsicht kaum Möglichkeiten gelassen, den Machtmissbrauch zu stoppen. Clements eigene Monopolkommission kann "in dem Entwurf keine substantielle Verbesserung erkennen". Ein vernichtendes Urteil

Inzwischen haben die vier Oligarchen sich den Markt gut aufgeteilt. Durch Beteiligung an Stadtwerken festigen sie Marktmacht fast wie zu Zeiten der Gebietsmonopole. Und wenn das Kartellamt eine Übenahme verbieten will, wie im Fall des kaufs von Ruhrgas durch Eon, dann erteilt Clement eben selbst die Erlaubnis.

Dahinter steckt das Kalkül der SPD, dass Deutschlands Wirtschaft "nationale Champions" brauche, die auf dem Weltmarkt expansionsfähig sind. In dieser Logik steht Deutschlands ganze Volkswirtschaft im Wettbewerb der Nationen. Eine sicht, die "einer militärischen Politiktradition entstammt", wie die Monopolkommission treffend bemerkt. Die Zeche zahlen die Kunden sowie kleine Konkurrenten. Überdies fördert die Pflege satter Konzerne kaum Innovationen. Da kann es sich die SPD noch so groß auf die Fahnen schreiben.

Die Grünen haben dem wenig entgegenzusetzen. Kommt es hart auf hart, ziehen sie sich auf die Umweltaspekte der Stromversorgung zurück. Eine ärgerliche Arbeitsteilung.