"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 3.3.2004

SPD: Gutachten ist einseitig und unseriös

Gegen Vorschlag für Zusammenarbeit von Stadtreinigern und Entwässerungsbetrieb mit städtischer Holding KVV

von Peter Ketteritzsch

 

Kassel. Seit Jahren verfolgt Andreas Helbig, Vorstandschef der Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH (KVV), ein ehrgeiziges Ziel: Unter dem Dach der städtischen Holding will er ein großes regionales Entsorgungsunternehmen aufbauen und die KVV als Komplettanbieter in den Bereichen Wasser und Abwasser etablieren.

Zwar verfügt Helbig mit den Städtischen Werken über die Kompetenz in Sachen Wasser, für die Bildung des von Oberbürgermeister Georg Lewandoski (CDU) favorisierten Konzerns Stadt fehlen ihm allerdings die beiden anderen Bereiche. Sowohl die Stadtreiniger als auch der Kasseler Entwässerungsbetrieb (KEB) sind als städtische Eigenbetriebe organisiert.

Ist eine Eingliederung der beiden Eigenbetriebe in die KVV wirtschaftlich sinnvoll? Diese Frage soll ein Gutachten klären, das der Magistrat im September auf Betreiben der Christdemokraten in Auftrag gibt. Vor allem eine Frage bereitet den Verfechtern der Konzern-Lösung Kopfzerbrechen. Wie kann verhindert werden, dass durch den Zusammenschluss die Müllgebühren steigen? Ein Wechsel von Stadtreinigern und Entwässerungsbetrieb unter das Dach der KVV würde nämlich deren Umwandlung in Gesellschaften mit beschränkter Haftung notwendig machen. Die aber sind umsatzsteuerpflichtig.

Und diese Mehrbelastung, so seinerzeit die Befürchtung von Stadtkämmerer Dr.Jürgen Barthel (SPD), würde an die Kunden weitergegeben. Im Klartext: Die ohnehin hohen Müllgebühren in Kassel würden weiter steigen.

Um dies zu verhindern und die Konzernlösung zu ermöglichen, schlagen die mit dem Gutachten beauftragten Beratungsgesellschaften Luther-Menold und Ernst&Young eine ungewöhnliche rechtliche Konstruktion vor.

Um die Umsatzsteuerpflicht zu umgehen, sollen Stadtreiniger und KEB als Eigenbetriebe samt Vermögen, Schulden und Personal bestehen bleiben. Gleichzeitig wird eine KEB/Stadtreiniger GmbH gegründet.

Als 100-prozentige Tochter der KVV soll sie praktisch nur aus den beiden Geschäftsführern bestehen und für die Betriebsführung der Eigenbetriebe sowie Baumaßnahmen und die Finanzierung von Investitionen zuständig sein.

Die Aufgaben und Leistungen werden in einem Managementvertrag zwischen der GmbH und den Eigenbetrieben definiert.

In der Kämmerei scheint man von diesem Modell ebenso wenig überzeugt zu sein wie von den errechneten Einspar- und Synergieeffekten. Nach Informationen der HNA prüft Barthel zurzeit Zahl für Zahl. Das Misstrauen ist groß. Harry Völler, umwelt- und engergiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagt es deutlicher:

In seinen Augen ist die rund 50 000 Euro teure Expertise unseriös. "Ich halte die Aussagen der Vorlage für einseitig und nicht nachvollziehbar." Die Gutachterin habe schlampig gearbeitet. Völler spricht von "vollkommen unrealistischen Berechnungen". Das Modell entziehe den Kasseler Stadtverordneten die Kontrollmöglichkeit.

Und er geht noch weiter: Die Anwältin, die für das Gutachten verantwortlich zeichnet, trete als Referentin des Bundesverbandes der Gas- und Wasserwirtschaft auf. Der Vorsitzende dieses Bundesverbandes heißt Helbig. Stadtverordneter Völler sagt dazu: "Ich sehe hier Abhängigkeitsverhältnisse, die mich an der Objektivität der Gutachten zweifeln lassen."