"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA Sonntagszeit, 9.5..2004

EAM wirft Auge auf Stadtwerke
Erste Gespräche zum erneuten Versuch einer Anteilsübernahme

Von Jörg Steinbach

 

 

Kassel. Die Energie-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM) will einen neuen Versuch starten, Anteile an der Städtische Werke Aktiengesellschaft zu übernehmen. Dazu gab es nach HNA-Informationen bereits erste Gespräche. Zu den brisanten Verhandlungen wollen sich Stadt und EAM noch nicht öffentlich äußern.

Die EAM sei grundsätzlich daran interessiert, sich unternehmerisch an den Städtischen Werken Kassel zu engagieren, so EAM-Kommunikationschefin Birgit Lohuis. Dies setze Entscheidungen der zuständigen Gremien und natürlich des Bundeskartellamtes voraus: „Eine enge Partnerschaft würde beiden Unternehmen sicherlich helfen, die künftigen schwierigen Herausforderungen auf dem Energiemarkt noch besser zu meistern.“

So sieht das auch Kassels Stadtkämmerer und Beteiligungsdezernent Dr. Jürgen Barthel. Die EAM sei „ein guter und wichtiger Partner für die Stadt Kassel“. Ansonsten: Kein Kommentar. Es gebe keine Gesprächsinhalte, „die man öffentlich kommunizieren könnte“, so Barthel. Möglicherweise wurde das Interesse der EAM geweckt von der Absicht der Hamburgischen Electricitätswerke AG (HEW), sich von den Anteilen an den Kasseler Stadtwerken zu trennen. Der Hamburger Energiekonzern hatte im Frühjahr 2000 24,9 Prozent der Städtische Werke Aktiengesellschaft übernommen. Auch in Hamburg hält man sich bedeckt: „Es laufen zur Zeit keine konkreten Verhandlungen“, sagt HEW-Kommunikationschef Dirk Nölle.

Die Partnerschaft mit HEW war keine Liebesheirat, aber sie brachte Geld: 56,2 Millionen Euro flossen in die Stadtkasse. Zuvor war im Jahre 1999 ein Verkauf eines Anteils an den Städtischen Werken an die EAM gescheitert, weil die Arbeitnehmervertreter im Werke-Aufsichtsrat dem Deal ihre Zustimmung verweigert hatten. Diese Zustimmung ist aber nach einem 1996 geschlossenen Vertrag für einen Verkauf von maximal 24,9 Prozent nötig. Das Geschäft mit HEW nickten auch die Arbeitnehmervertreter ab. Im Jahre 2006 läuft der Vertrag mit der Arbeitsnehmervertretung aus.

Die Fürsprecher einer regionalen Ehe zwischen EAM und Stadtwerken sehen offenbar eine neue Chance. Dahinter stehen auch die Interessen der beiden Energiemultis e.on und Vattenfall. Der staatliche schwedische Energiekonzern hatte die Mehrheit an HEW wenige Monate nach dem Einstieg der Hamburger bei den Kasseler Stadtwerken übernommen. Möglicherweise passt dieses Engagement nicht mehr zum Vattenfall-Konzept. Umso größer könnte das Interesse bei dem Stromriesen e.on sein. Seit 2002 ist die e.on AG mit 73 Prozent Mehrheitsaktionärin der EAM.

 

Hintergrund  
  Die Städtische Werke Aktiengesellschaft kann einen Verkauf des von der HEW übernommenen Aktienpakets von 24,9 Prozent weiterhin kontrollieren. Es handelt sich um so genannte vinkulierte Namensaktien. Eine Übertragung der Rechte an diesen Wertpapieren ist an eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat der Städtischen Werke gebunden. Ohne eine Kasseler Zustimmung, die man sich bezahlen lassen könnte, ist ein Verkauf des Aktienpaketes an wen auch immer nicht möglich. (ACH)

Kommentar
Schweden-Happen
Jörg Steinbach über Energie und Liebe

 

 

Kommt jetzt der zweite Versuch der Liebesheirat? 1999 war aus der regionalen Energie-Ehe zwischen EAM und Kasseler Stadtwerken nichts geworden. Die Hamburger wurden nicht geliebt, hatten aber viel Geld mit in die Ehe gebracht - eine Segen für die klamme Stadtkasse.

Kassel ist auf der Landkarte des Münchner Stromriesen noch ein weißer Fleck. Die Städtischen Werke verteilen ohnehin bereits e.on-Strom, und mit der EAM gibt es eine gewachsene Partnerschaft. Wenn es nur darum geht, den 24,9 Prozent-Anteil als Schwedenhappen an die Münchner weiterzureichen - warum nicht? Vielleicht kann die Stadtkasse bei geschickter Verhandlungsführung erneut profitieren.

Für den Verkauf eines größeren Anteils der Stadtwerke an die EAM aber steht fest: Derzeit politisch nicht durchsetzbar.