"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 20.9.2004

Streit um das teure Nass

Seit über zwei Jahren ermittelt die Kartellbehörde wegen hoher Wasserpreise

Von Petra Wettlaufer-Pohl und Jörg Steinbach


 

KASSEL / WIESBADEN. Im Rheingau-Taunus-Kreis haben Kunden der Wasserwerke Grund zur Freude, in Kassel ermittelt weiterhin die Kartellbehörde des hessischen Wirtschaftsministeriums. Es geht um möglicherweise zu hohe Wasserpreise, die Kunden der Städtischen Werke berappen müssen.

Gegen 13 hessische Wasserversorgungsunternehmen - darunter auch die Kasseler Stadtwerke - lässt Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) schon seit Juli 2002 ermitteln, weil die Monopolunternehmen nach Ansicht der Preiswächter überhöhte Preise von ihren Kunden kassieren. Nach langen Verhandlungen wurde der hohe Wasserpreis im Rheingau-Taunus-Kreis jetzt um 27 Cent auf 2,23 Euro pro Kubikmeter reduziert.

Auch in Kassel will Rhiel verhandeln, um teure Gerichtsverfahren vor dem Kartellsenat am Oberlandesgericht in Frankfurt zu vermeiden. Doch das kann dauern. Kassel steht nämlich weit unten auf der Prioritäten-Liste der Kontrolleure. Andernorts - etwa in Wetzlar (2,35 Euro pro Kubikmeter), Herborn (2,29), Gelnhausen (2,24) und Hanau (2,30) ist Trinkwasser noch teurer als in Kassel. Beim Preisvergleich der Kartellbehörde werden Kriterien wie Leitungsnetzlänge, Anzahl der Hausanschlüsse und Abgabemengen berücksichtigt. Da die Hauptkosten bei der Verteilung des Wassers entstehen, müsste das Trinkwasser auf dem Lande mit langen Wegen und wenigen Abnehmern eigentlich teurer sein als in der Stadt mit kurzen Wegen und vielen Anschlüssen.

Die Millionengewinne der Stadtwerke auch in Kassel machen Kunden und Preiswächter stutzig. In Kassel gehört die Städtische Werke Aktiengesellschaft zur Kasseler Verkehrs- und Versorgungs GmbH. In diesem KVV-Konzern werden mit den Gewinnen der Stadtwerke unter anderem die Verluste der Kasseler Fernwärme GmbH und der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft (KVG) ausgeglichen.

„Ganz entspannt“ geht der Vorstandschef der Städtischen Werke AG, Andreas Helbig, in die weiteren Gespräche mit Wiesbaden. Er argumentiert, dass die Kartellbehörde Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Strukturen vergleiche. Helbig setzt auf Gespräche der Unternehmen mit Umweltminister Wilhelm Dietzel, Rhiel und den Verbänden, bei denen es um die Kriterien beim Preisvergleich gehe. Helbig: „Wenn wir hier zu einer vernünftigen Einigung kommen, können wir auch aufhören, uns zu streiten.“

 

Hintergrund:
Wasser für Kassel und Vellmar

 

 

In Kassel und Vellmar kostet der Kubikmeter Trinkwasser derzeit 2,14 Euro. Dazu kommt der Zählerpreis von 18,40 Euro jährlich. Der Durchschnittsverbrauch einer vierköpfigen Familie liegt bei 150 Kubikmeter im Jahr. Das macht eine Jahresrechnung von rund 340 Euro. Wenn es der Kartellaufsicht gelänge, den Preis um etwa zehn Prozent zu drücken (wie im Rheingau-Taunus-Kreis geschehen), würde die Familie rund 35 Euro im Jahr sparen. Die Städtische Werke AG Kassel, die 2003 einen Gewinn von 17,4 Millionen Euro erwirtschaftet hat, liefert auch in Vellmar das Wasser und hat in Fuldabrück die technische Betriebsführung übernommen. In Kassel wurden 2003 rund 12,62 Millionen Kubikmeter Trinkwasser verkauft, in Vellmar knapp eine Million und in Fuldabrück rund 410 000 Kubikmeter. (ACH)

 

Kommentar

Wiesbadener Nachtwächter

Jörg Steinbach über einen Preiswächter

 

 

Hessens Wirtschaftsminister Dr. Alois Rhiel sprang vor über zwei Jahren den Trinkwasser-Monopolisten mutig als Tiger entgegen, um die enorm hohen Preise zu packen. Inzwischen läuft der Mann Gefahr, als Bettvorleger zu landen. Einen einzigen Erfolg kann Rhiel verbuchen. Aber in Kassel und elf weiteren Regionen zieht sich das Preis-Palaver endlos hin. Und wird für die Wasserkunden ebenso zum Ärgernis wie die Preisgestaltung der Unternehmen.

Als selbsternannter Verbraucherschützer macht Rhiel viel Wind um wenig. den Monopolbetrieben mit ihren Rechtsabteilungen und Heerscharen von Spezialisten stellt der Minister in seiner Kartellbehörde einen einzigen Einzelkämpfer gegenüber. Der wird sich vermutlich noch bis zur Pensionierung an der Herkules-Aufgabe abarbeiten. Zur Erinnerung: Es gibt 150 Landesbedienstete. Und wenn Rhiel nicht rasch mehr davon im Kartellverfahren einsetzt, wird der Preiswächter zum Nachtwächter.