Der
GRÜNE Gesetzesantrag
ist allseits mit Erstaunen aufgenommen worden. Über Jahre
hinweg haben DIE GRÜNEN zwar eine Liberalisierung von Wasserdienstleistungen
abgelehnt, gegen eine Privatisierung aber kaum etwas einzuwenden
gehabt (s. RUNDBR. 791/2, 714/1, 573/3-4). Der Bundesverband der
Deutschen Industrie (BDI) zeigte sich bereits „entsetzt“: „Der
grüne Zickzack-Kurs in der Wasserwirtschaft“ sei „typisch
für das derzeitige rot-grüne Chaos“ und gefährde
massiv die Investitionssicherheit und damit die angestrebte Modernisierung
der Wasserwirtschaft in Deutschland, tönte der BDI erwartungsgemäß.
Aber auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Bundesverband
der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft äußerten sich
alles andere als erfreut. Da eine weitere Privatisierung der Stadtwerke
nicht zu verhindern sei, müssten bei einem Verbot weiterer
Privatisierungen im Wassersektor die Wasserwerke aus dem Stadtwerkeverbund
herausgelöst werden, „was zu Synergieverlusten führen“ werde,
zeigten sich VKU und BGW überzeugt. Die Folge seien drohende
Wasserpreiserhöhungen und eine Verschlechterung der Wettbewerbsposition
der deutschen Wasserwirtschaft. Demgegenüber erhielten DIE
GRÜNEN für ihren unerwarteten Vorstoß seitens der
Dienstleistungsgewerkschaft verdi und der Umweltverbände ungeteilten
Beifall:
„Endlich machen die Grünen Nägel mit Köpfen
und beenden ihren unsäglichen Wankelkurs gegenüber der
Selbstverwirklichung des großen Kapitals in der deutschen
Wasserwirtschaft!“,
begrüßte beispielsweise SEBASTIAN SCHÖNAUER, Sprecher
des Bundesarbeitskreises Wasser des BUND die jetzt erfolgte eindeutige
Positionierung der GRÜNEN. Einzig das Städtebündnis „Wasser
in Bürgerhand“, das ebenfalls die Privatisierung und
Kommerzialisierung der kommunalen Wasserwirtschaft kategorisch
ablehnt (s. 792/1, 765/1, 757/1), zeigte sich gegenüber den
GRÜNEN weiterhin misstrauisch. Die Vorlage des GRÜNEN
Gesetzesentwurfs sei „nur ein wahltaktisches Manöver“ im
Hinblick darauf, dass nach einer im letzten Jahr veröffentlichten
VKU-Umfrage 61 Prozent der Deutschen einer „Wasserprivatisierung“ skeptisch
gegenüber stehen.
„Die blass-grüne Führungsriege weiß genau,
dass sie mit ihrem Vorhaben in der rosa-oliven Koalition keine
Chancen hat. Das Städtebündnis Wasser in Bürgerhand
ist nicht bereit, die wasserpolitischen Taschenspielertricks der
NATO-oliven Wahlkampfstrategen mitzutragen“,
bekräftigte ein Sprecher des Städtebündnisses sein
Misstrauen gegenüber dem neuen Kurs der Bundestags-GRÜNEN
in der Wasserwirtschaft. Angesichts der hitzigen Debatten reagierten
die großen Wasserkonzerne bemerkenswert cool. In einer uns
vorliegenden Stellungnahme zu einem demnächst anstehenden
Hearing der GRÜNEN Bundestagsfraktion zu ihrem Gesetzesentwurf
zeigt sich beispielsweise RWE AQUA/THAMES WATER davon „überzeugt,
dass eine Privatisierung der Wasserwirtschaft nicht mehr aufzuhalten
ist“. Rückenwind erhalte man aus Brüssel. Auf EU-Ebene
hätten die Privatisierungsbefürworter die Mehrheit. Die
derzeit mit Spannung erwartete Entscheidung von Parlament und Kommission
zur Zukunft der kommunalen Daseinsvorsorge in Europa werde für
Klarheit sorgen. „Der rückwärtsgewandte Gesetzesentwurf“ der
GRÜNEN würde sich dann erübrigen.
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