Die Stromversorger
wollen erneut die Preise erhöhen, doch
es regt sich Widerstand. "Sechs Prozent Preiserhöhung
mache ich nicht mit", sagte Hessens Wirtschaftsminister Alois
Riehl (CDU), der gestern alle beantragten Erhöhungen der Strompreise
pauschal untersagte. Die hessischen Stromversorger hatten beabsichtigt,
im nächsten Jahr zwischen 5 und 9 Prozent mehr zu verlangen. "Die
Strompreise für 3,7 Millionen private und gewerbliche Kunden
werden nicht erhöht, sondern bleiben stabil", betonte
Riehl.
Die 50 Stromunternehmen
hatten sich in Hessen Mehreinnahmen von 100 Millionen Euro versprochen
- das sind etwa 40 Euro pro Jahr
für einen durchschnittlichen 4-Personen-Haushalt. Die Stromversorger
argumentierten bisher mit gestiegenen Beschaffungskosten für
Kohle und Gas sowie höheren staatlichen Gebühren. Riehl
hingegen warf den Stromkonzernen "überhöhte Monopolgewinne" vor. "Die
Verbraucher dürfen nicht länger die Melkkühe der
Anteilseigner der Stromunternehmen sein." Die acht größten
Stromkonzerne in Hessen hätten eine durchschnittliche Umsatzrendite
von 10,6 Prozent. "Da verbieten sich Preiserhöhungen",
fand der Wirtschaftsminister.
Eine Erwiderung
der Stromkonzerne war gestern bis Redaktionsschluss nicht zu
erhalten.
Allerdings geht das hessische Wirtschaftsministerium
nicht davon aus, dass die Stromkonzerne neue Argumente für
ihre geplanten Preiserhöhungen vorlegen. "Wir haben die
Anträge genau geprüft", sagte ein Sprecher. Die
Entscheidung entspreche "faktisch einem Preisstopp".
Hessen geht damit als erstes Bundesland gegen die explosionsartig
steigenden Energiepreise vor.
Verbraucher
und Unternehmen mussten in diesem Jahr bereits Mehrkosten für Öl und Gas von bis zu 30 Prozent hinnehmen. Analysten
machen dafür auch den fehlenden Wettbewerb verantwortlich: "Die
vier großen Versorger haben sich den Markt größtenteils
untereinander aufgeteilt", sagt Annemarie Schlüter von
der Hamburger Sparkasse. Nur vier Konzerne beherrschen etwa 80
Prozent des deutschen Energiemarktes: Vattenfall, EnBW, RWE und
Eon. Allein EnBW steigerte in den ersten neun Monaten dieses Jahres
seinen Gewinn um 19,1 Prozent, Vattenfall Europe gar um 22,9 Prozent.
Auch RWE und der weltgrößte private Energieproduzent
Eon verdienen so gut wie nie.
Beim Bundeskartellamt
läuft bereits ein Verfahren gegen RWE
und Eon, in dem die Behörde prüft, ob die Stromriesen
ihre beherrschende Stellung ausnutzen. Seit dem 1. Juli versucht
auch die Bundesnetzagentur gegen monopolartige Strategien der Energieriesen
vorzugehen. Bislang ohne konkrete Ergebnisse: Erst ab 2007 sollen
die überhöhten Gebühren für die Netznutzung
gesenkt werden, mit der die Stromriesen unliebsame Konkurrenz verdrängen.
Die Netzgebühren machen ein Drittel des Strompreises aus.
Den Preisstopp
hat die hessische Regierung gut terminiert, denn im März sind Kommunalwahlen. Es ist unwahrscheinlich, dass
Kommunalpolitiker - die die Interessen vieler Stadtwerke vertreten
- gegen das Land vor Gericht ziehen und ihre Wähler verärgern.
Die hessische Strompolitik wird von den anderen Bundesländern
genau beobachtet. Dort traute man sich noch nicht, pauschal Preisstopps
zu verhängen. Nordrhein-Westfalen etwa bildet einen Mittelwert
aus allen beantragten Preiserhöhungen und lehnt meist diejenigen
ab, die über diesem Mittelwert liegen. "Von den bislang
verschickten Bescheiden haben wir in einem Viertel der Fälle
die geforderte Preiserhöhung reduziert", sagte Joachim
Neuser vom Wirtschaftsministerium. Insgesamt lägen 132 Anträge
von Stromunternehmen vor.
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