"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 7.2.2005

Streitaxkt ist begraben

Gemeinde Nieste und Städtische Werke beenden Konflikt um Niestewasser


 

Nieste / KASSEL. Martin Kiok, Vorstandsmitglied der Städtischen Werke AG in Kassel, nahm einen Bohrschrauber des Niester Gemeindebauhofs zur Hand und entfernte die Schrauben des Protestschildes am Ortsausgang von Nieste. "Kein Wasserraubbau im Niestetal", so stand darauf zu lesen. Seit vorigen Freitag steht die Tafel nicht mehr.

Die Städtischen Werke und die Gemeinde Nieste zogen damit einen Schlusstrich unter einen 30 Jahren dauernden Konflikt ums Niestewasser. Die Gemeinde erkennt die Rechte der Werke an, die Werke wiederum verzichten darauf, Wasser aus zwei Tiefbrunnen zu gewinnen.

Zugleich unterschrieben Werke-Vorstand Kiok und Niestes Bürgermeister Edgar Paul einen Vertrag, der die Notwasserversorgung Niestes garantiert. Der Kontrakt sieht vor, dass die Niester Einwohner Trinkwasser aus dem Netz der Städtischen Werke erhalten, sollte der gemeindliche Brunnen gestört sein. Im Gegenzug wird die Gemeinde sich laut Beschluss des Parlaments an den Betriebskosten beteiligen, die den Werken für ihre Dienstleistung entstehen. Um die Notwasserversorgung zu ermöglichen, werden die Kasseler Wasserversorger nämlich in Nieste ein kleines Wasserwerk bauen, wie Dr. Achim Richter, Leiter Wassergewinnung bei den Städtischen Werken, erläuterte. Kommunen, so Richter, seien nach der Trinkwasserverordnung verpflichtet, für den Notfall ein zweites Standbein aufzubauen.

Zentrales Argument für die Gemeinde Nieste, die Streitaxt zu begraben, sei die Entscheidung der Werke gewesen, die Tiefbrunnen 3 und 6 im Oberen Niestetal stillzulegen, betonte Bürgermeister Paul. Die Diskussion habe sich immer auf die oberflächennahe Wassergewinnung konzentriert. Dass die Werke aber noch die Möglichkeit gehabt hätten, zusätzlich zur Quellförderung Wasser aus der Tiefe zu gewinnen, habe wie ein Damoklesschwert über dem Oberen Niestetal geschwebt.

Mit der Stilllegung der beiden Brunnen werde sich der Grundwasserspiegel im Niestetal anheben, meinte Richter.
Die Frage, ob der Niestebach nun künftig das ganze Jahr über Wasser führt, könne er nicht beantworten, so der Wasserexperte der Werke. Richter: "Das wird die Natur regeln." (KRI)

 

HINTERGRUND Niestewasser
 

Bis auf das Jahr 1974 geht der Streit zurück. Zankapfel war die Menge Wasser, die die Werke aus dem Niestetal abzapfen dürfen. Um den Schutz des Wasserhaushalts und des Ökosystms besorgte Niester Bürger sahen in übermäßiger Wasserförderung durch die Werke den Grund dafür, dass der Bach bei niederschlagsarmen Zeiten auf weiten Abschnitten austrocknete.

1997 schlossen Werke und Regierungspräsidium einen Vergleich, der den Umgang der Wassergewinnung im Niestetal regelt. Die Gemeinde hat den Vergleich anerkannt, die Werke beantragen ihrerseits kein Wasserrecht für die Tiefbrunnen 3 und 6. (KRI)