|
Porto
Alegr. taz. Die bunte Idylle am Guaíba-See ist getrübt:
Mitten durch das "Weltsozialterritorium", wo dieser Tage über 100.000
TeilnehmerInnen am Weltsozialforum (WSF) in Zelten zusammenkommen,
ziehen sich zwei schwarze, stinkende Kloaken. Sie gehören zu den
73 Prozent der Abwässer aus Porto Alegre, die sich ungeklärt in die
Natur ergeißen, darunter auch in die malerische Lagune.
Die
dramatische Verschmutzung der Flüsse und Seen ist in Brasilien
ein Thema, das die Presse nur selten aufgreift. Ähnlich diskret
wird über den Zugriff von Multis auf die Wasserversorgung und
die Süßwasserressourcen hinweggesehen, sagte der Aktivist Franklin
Frederick in einem Workshop über die Getränkeindustrie: "Große
Frimen haben immer einen guten Draht zu den Medien und den jeweiligen
Regierungen." Nestlé etwa sponsert Lulas Null-Hunger-Programm
- und darf im Gegenzug gesetzeswidrig im Kurort Sao Lourenco
abzapfen. Danach zogen sich Coca-Cola-Kritiker aus Indien, Thailand,
Großbritannien, Kanada und Kolumbien zu einem Planungstreffen
zurück.
Stärker
noch als in den vergangenen Jahren hat sich das Forum auf seinen
Kern besonnen: "Für uns ist das WSF ein höchst dynamischer Prozess",
sagt die US-Bürgerrechtlerin Sara Grusky, die von Washington
aus das amerikaweite Netzwerk Red Vida mitkoordiniert. Aus 21
Ländern beteiligten sich bisland über 60 Organisationen, 15 weitere
aus Lateinamerika kommen neu hinzu.
So
berichtet Abel Mamani von den Nachbarschaftskomitees im bolivianischen
El Alto, wie dem französischen Wasse-Multi Suez zuletzt die Konzession
für die Trinkwasserversorgung und das Abwasser entzogen wurde.
Das Präsidentendekret war das Ergebnis einer monatelangen Bürgermobilisierung,
die in einem Generalstreik gipfelte.
Nach
dem Rückzug des US-Konzerns Bechtel aus Cochabamba vor gut vier
Jahren war dies in Bolivien die zweite Niederlage für die Wasserkonzerne.
Eine Aktivistin aus Südafrika erzählt, wie Suez in den Armenvierteln
Sowetos unter Polizeischutz die Installierung von Wasserzählern
durchsetzt, bei denen man nur so viel Wasser bekommt, wie man
vorab bezahlt hat. Zehntausende können die überhöhten Preise
nicht mehr bezahlen und bleiben auf dem Trockenen. Eduardo Galeano
und seine Fans feiern derweil noch einmal den Sieg im uruguayischen
Wasserreferendum.
Jetzt
müsse der Druck auf die G8 erhöht werden, meint Annette von Schönfeld
von Brot für die Welt. Nach Dutzenden Workshops einigten sich
die WasseraktivistInnen gestern auf eine Plattform und gemeinsame
Kampagnen. Nächster Stichtag ist der Weltwassertag am 22. März.
|