Le
Monde diplomatique 10.6.2005
Wasser
als Wirtschaftsgut
Wer natürliche
Ressourcen zur Ware erklärt, verfolgt ökonomische Interessen.
Seit einem Jahrzehnt werben Lobbygruppen für gigantische
Investitionen in die
Wassergewinnung und -verteilung
von
Philippe Rekacewicz
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Philippe
Rekacevicz ist Geograf und gemeinsam mit Salif Diop
unter anderem Autor des "Atlas mondial de l'eau, une pénurie
annoncée", Paris (Editions Autrement) 2003. Er
zeichnet die meisten Karten von "Le Monde diplomatique" und
dem "Atlas der Globalisierung". |
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Dass
Wasser ein Gemeingut ist, das der ganzen Menschheit gehört,
wird heute kaum jemand mehr bestreiten wollen. Aber auf die gewählten
Begriffe kommt es an. Der Wasserexperte der Weltbank, John Briscoe,
hat in seiner Eröffnungsrede zum 4. Weltwasserkongress im
September 2004 in Marrakesch festgestellt, dass man Wasser als "Wirtschaftsgut" behandeln
müsse. Solange sich diese Sichtweise nicht durchsetze, werde
sich das Problem der Unterversorgung nicht lösen lassen.
Wie
all die anderen Wasserexperten, die rund um die Welt bei den
einschlägigen Konferenzen und Symposien auftreten, vergisst
Briscoe in seinen Reden nie, darauf hinzuweisen, dass "Wasser
ein menschliches Bedürfnis" ist - wobei er vermeidet,
das Wort "Menschenrecht" zu benutzen, was einen erheblichen
Unterschied machen würde. Briscoe weiß apokalyptische
Zahlen zu nennen: 1,2 Milliarden Menschen haben keinen Zugang
zu Trinkwasser; 2,5 Milliarden Menschen sind nicht an ein Abwassernetz
angeschlossen; 8 Millionen Menschen sterben alljährlich
an verschmutztem Trinkwasser. Er erklärt, dass "die
größte Herausforderung, vor der die schwächsten
Entwicklungsländer stehen, die Finanzierung von Infrastrukturen
ist". Schließlich setzt er auseinander, warum "staatliche
Subventionen auf mittlere Sicht schaden".(1)
Doch
welche Infrastrukturen meint Briscoe? Hat er die Anlagen für
Gewinnung, Verarbeitung und Transport im Auge, die den Bedürfnissen
und Mitteln der von ihm zitierten Länder entsprechen würden?
Wo immer Briscoe seine Rede hält, bietet er die benachteiligten
Bevölkerungsgruppen als Alibi auf, um eine rein ökonomische,
auf Investitionen und Rentabilität fixierte Sichtweise der
Wasserproblematik und der Wasserversorgung zu rechtfertigen.
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Mangel
auf dem Land und in der Stadt
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Vor
der industriellen Revolution konnte jeder Mensch so viel Wasser
entnehmen und benutzen, wie es seinen Bedürfnissen entsprach.
Während aber um 1800 erst 1 Milliarde Menschen auf der Erde
lebten, waren es um 1900 schon 2 und Ende 2004 bereits 6,4 Milliarden.
Der Bevölkerungsdruck der letzten Jahrzehnte hat dazu geführt,
dass die Wasserentnahme und -nutzung ein konzertiertes Handeln
der Allgemeinheit erfordert. Extreme klimatische Folgeentwicklungen,
insbesondere verheerende Dürren auf dem Land, sowie die
Verschmutzung des Grundwassers in urbanen Regionen haben fast überall
auf der Welt das Gespenst der Wasserknappheit heraufbeschworen.
Es
ist daher kein Wunder, dass die lebenswichtige Ressource ins
Zentrum strategischer Überlegungen rückt und den Appetit
der multinationalen Konzerne anregt. Das gilt vor allem, seit
Wasser auf der Konferenz von Dublin 1992 "offiziell" zum "Wirtschaftsgut" erklärt
wurde. Aaron Wolf, Geografieprofessor an der Universität
von Oregon (USA), meint dazu: "Die Ökonomen können
den Gewinn quantifizieren, den die Vermarktung von Wasser erbringt,
und es ist im Allgemeinen leichter und gerechter, die Gewinne
aufzuteilen, als das Wasser selbst. Den Ökonomen gebührt
auch das Verdienst, daran zu erinnern, dass sich die Kosten für
Vertrieb, Aufbereitung, Lagerung usw. rentieren müssen.
Wir sollen Wasser in marktwirtschaftlichen Begriffen denken,
auch wenn das noch nicht überall auf der Welt gilt. Mein
emotionales, ästhetisches und religiöses Empfinden
verbietet es mir jedoch, Wasser ausschließlich als Ware
zu betrachten."(2)
Mit
anderen Worten: Als Rohstoff besitzt Wasser - anders als die
meisten Rohstoffe - noch keinen Marktwert. Manche gehen allerdings
vom Gegenteil aus, zum Beispiel Michel Camdessus, der ehemalige
Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF). Er meint,
der Verbraucher habe "noch nie die ,Gesamtkosten' seines
Wassers bezahlt" und "nirgendwo auf der Welt" zahle "der
Landwirt für sein Wasser eine Summe, die auch nur die Kosten
der Ressource deckt"(3). |
Der Ölmarkt
als abschreckendes Beispiel
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Der
Markt für Wasser existiert also noch nicht, es gilt, ihn
erst noch zu erfinden. Doch nach welchen Modell? Etwa nach dem
Modell des Markts für Rohöl, das fast nur einer Hand
voll multinationaler Konzerne und der steinreichen Oberschicht
der Öl produzierenden Länder zugute kommt? Die Würfel
sind noch nicht gefallen. Wasser als Ressource ist noch kein
Handelsgut, und der internationale Markt für "Wasserdienstleistungen" steckt
in den Kinderschuhen.
Neun
Zehntel des Süßwassers unseres Planeten werden nach
wie vor von öffentlichen Institutionen verwaltet. Hier schlummert
ein gigantisches Potenzial für die Industrieländer,
die alles tun, um diesen Markt für den Privatsektor zu öffnen.
Die Wassermultis - Suez Environnement, Véolia, Saur, RWE
Thames Water und Bechtel - bemühen sich intensiv darum,
die gewinnträchtigen Wasserversorgungsverträge an sich
zu reißen, wo immer auf der Welt ein Staat - aus freien
Stücken oder erzwungenermaßen - den Wassermarkt öffnet.
Aktive Unterstützung erhalten sie dabei von der Weltbank
und vom Internationalen Währungsfonds, die ihre Finanzhilfen
für Länder der Dritten Welt regelmäßig von
der Privatisierung der Wasserversorgung abhängig machen.
Die
Industrie organisiert sich, die Akteure stehen in den Startlöchern.
Wenn Suez-Präsident Gérard Mestrallet feststellt: "Gott
lieferte das Wasser, aber nicht die Leitungen dafür"(4),(
)so ist das nicht als Scherz gemeint. Und die letzten Zweifel
an den Zielen der Multis beseitigt Camdessus, wenn er über
die Privatinvestitionen meint: "Wasser repräsentiert
nur fünf Prozent der Gesamtsumme. Das Problem ist also der
geringe Marktanteil der Privatwirtschaft und nicht ihre übermäßige
Präsenz."(5) Fragt sich nur, wie lange noch.
Seit
der Stockholmer Konferenz von 1972 befassten sich mehrere internationale
UN- und Regierungskonferenzen mit der Definition von Grundsätzen
und Konzepten, die seither in allen Diskussionen über den
Rohstoff Wasser wiederkehren: integriertes Wassermanagement, öffentlich-private
Partnerschaften (PPP) und Good Governance. Nur mitunter schlichen
sich in diesen einstimmigen Chor ein paar Misstöne ein.
So erklärte die Charta von Montreal aus dem Jahr 1990 den
Trinkwasserzugang zum grundlegenden Menschenrecht. Doch dieser
Fehltritt wurde auf der Konferenz von Dublin 1992 gleich wieder
korrigiert.
Mehr
und mehr internationale Organisationen mischen in der Wasserdebatte
mit, ohne allerdings von der Staatengemeinschaft offiziell beauftragt
zu sein. Von den zahllosen UN-Unterorganisationen ist nur der
zweitrangige "Unterausschuss für Wasserressourcen" (SWR)
als "offizieller Sachwalter" anerkannt.(6) Er wacht
insbesondere über die Umsetzung von Kapitel 18 (Süßwasserschutz)
der Agenda 21, die auf dem Umweltgipfel von Rio 1992 verabschiedet
wurde. Die großen UN-Organisationen für Ernährung,
Gesundheit, Entwicklung, Kinder und Kultur haben die Wasserfrage
jedoch in ihr Programm aufgenommen, um eine ressortübergreifende
Perspektive zu ermöglichen. Das taten auch die internationalen
Finanzinstitutionen (Weltbank, IWF) und die regionalen Entwicklungsbanken,
die dabei allerdings das Ziel der Marktöffnung verfolgten.
Da
aber die UN, anders als für Klimafragen, nie eine eigene
Organisation für Wassermanagement gebildet hat, wurde dieses
Vakuum in den letzten zehn Jahren von anderen Großinitiativen
aufgefüllt. Hier sind vor allem der Weltwasserrat (WWC)
und die Globale Wasserpartnerschaft (GWP) zu nennen. Beide Foren
verstehen sich als "Ort der Zusammenkunft, der Reflexion,
der Diskussion und des Austauschs zwischen privaten und öffentlichen
Partnern, zwischen Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen
und internationalen Institutionen, zur Verbesserung des Weltwassermanagements".
Nimmt
man diese hybriden Institutionen und die Herkunft ihrer Führungskräfte
etwas genauer unter die Lupe, zweifelt man bald an ihren Zielen
und an ihrem repräsentativen Charakter, kurz: an ihrer Legitimität.
Die 330 Mitglieder des 1996 gegründeten Weltwasserrats mit
Sitz in Marseille sind zum Großteil Institutionen des öffentlichen
und privaten Sektors. Vertreten sind unter anderen Regierungen,
Nichtregierungsorganisationen, Forschungszentren, Medien, Stiftungen,
Banken und internationale Finanzinstitutionen, aber etwa auch
der französische Stromversorger EDF, der Baukonzern Mitsubishi
Heavy Industry, das Südostanatolien-Projekt und die Welt-Staudammkommission.
Laut
Selbstdarstellung sind die zivilgesellschaftlichen Organisationen
und die staatlichen Stellen ungefähr zu gleichen Teilen
vertreten. Das Organigramm und die Verteilung der Verantwortlichkeiten
ergeben jedoch eher das Bild eines Industriellenklubs der Bau-
und Wasserbauindustrie, ergänzt durch ihre Partner in Staat
und internationalen Finanzinstitutionen. Bis Januar 2004 wurde
der Weltwasserrat von William J. Cosgrove geleitet, Exvizepräsident
der Weltbank und Exminister der liberalen Trudeau-Regierung in
Kanada. Zu seinem einstweiligen Nachfolger wurde Loïc Fauchon
ernannt, Chef der "Groupe des Eaux de Marseille", die
sich zu gleichen Teilen im Besitz der beiden größten
französischen Wasserkonzerne befindet: der Véolia,
ehemals Vivendi Environnement (Umsatz 2003: 11,1 Milliarden Euro),
und der Gesellschaft Suez-Lyonnaise des Eaux beziehungsweise
deren "Umwelttöchter" Ondéo und Degremont
(Umsatz 2003: 6,9 Milliarden Euro). Im Leitungsgremium des Weltwasserrats
sitzen unter anderen René Coulomb, ehemaliger Vizepräsident
von Suez-Lyonnaise des Eaux, Vertreter des US Army Corps of Engineers,
sowie David Grey, Direktor der Abteilung Weltwasserressourcen
bei der Weltbank.
Die
Globale Wasserpartnerschaft (GWP), die 1996 von dem ehemaligen
Vizepräsidenten der Weltbank, Ismail Serageldin, in Stockholm
ins Leben gerufen wurde, ist ihrem Gegenstück in Marseille
beunruhigend ähnlich. Die derzeitige Vorsitzende Margaret
Catley-Carlson leitet auch das Water Resources Advisory Committee
(WRAC), einen "unabhängigen" Ausschuss, der von
der Suez-Lyonnaise des Eaux gegründet wurde, um die GWP "in
ihrer Reflexion über die großen Probleme des Weltwassermanagements
zu begleiten". |
Überrepräsentierte
Industrieinteressen
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Weiter
sitzen in der GWP John Briscoe, Wasserexperte der Weltbank und
Exmitglied in der Leitung des Weltwasserrats (WWC), und sein
WWC-Kollege David Grey. Mandat und Zielvorgaben der beiden Wasserorganisationen ähneln
einander so sehr, dass man sich fragt, weshalb überhaupt
zwei Institutionen gegründet wurden, noch dazu im selben
Jahr und mit praktisch denselben Geldgebern. Als einziger sichtbarer
Unterschied bleibt, dass die Globale Wasserpartnerschaft engere
Beziehungen zu Regierungsstellen und internationalen Entwicklungsorganisationen
unterhält.
Das "Panel
on Financing Global Infrastructure", eine Gemeinschaftsgründung
von WWC und GWP, wurde im Jahr 2000 auf dem Weltwasserforum in
Den Haag ins Leben gerufen, um "den Finanzbedarf für
die Lösung des weltweiten Wasserproblems" zu eruieren.
An dem jetzt aufgelösten Panel arbeiteten unter Leitung
von Michel Camdessus 19 Persönlichkeiten mit, die regionale
Entwicklungbanken, private und öffentliche Finanzinstitutionen,
multinationale Wasserkonzerne und auch (wenn auch nur drei) Nichtregierungsorganisationen
vertraten.
Neben
dem bereits erwähnten Ismail Serageldin saß im Panel
auch Peter Eigen, Gründer und Vorsitzender der Nichtregierungsorganisation
Transparency International und ehemaliger Weltbankmanager für
Ostafrika. GWP-Chefin Margaret Catley-Carlson und WWC-Leiter
William J. Cogrove nahmen regelmäßig an den Sitzungen
teil. In seinem auf dem 3. Weltwasserforum in Kioto im März
2003 vorgelegten Abschlussbericht empfahl das Panel, die Finanzhilfen
und öffentlichen Zuschüsse für Großinfrastrukturprojekte
bis 2025 auf jährlich 180 Milliarden Dollar aufzustocken.
Weiter heißt es in dem Berichte, dass öffentliche
Stellen für die Investitionen der Wasserkonzerne bürgen
sollen. |
Immer
die gleichen Experten
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Auf
einem Symposium in Stockholm im August 1998 gab der damalige
WWC-Präsident Mahmoud Abou-Zeid die Gründung einer "Weltwasserkommission
für das 21. Jahrhundert" bekannt. Sie habe die Aufgabe, "langfristige
Lösungsvorschläge für das Wasserproblem im nächsten
Jahrhundert" auszuarbeiten. Die meisten der dafür angeheuerten
21 "Experten" stammten aus Institutionen, die offen
für die Privatisierung der Wasserversorgung und den Bau
von Großinfrastrukturen eintreten. Die Gruppe unter Vorsitz
von Ismil Serageldin zählte zu ihren Mitgliedern Jérôme
Monod, Exgeneraldirektor der Lyonnais des Eaux, Exaufsichtsratsvorsitzender
von Suez und Sonderberater von Staatspräsident Jacques Chirac,
die bereits erwähnte Margaret Catley-Carlson, Wilfried Thalwitz,
Exvizepräsident der Weltbank, Robert S. MacNamara, Altpräsident
der Weltbank, sowie Enrique Iglesias, Präsident der Interamerikanischen
Entwicklungsbank und Mitglied des Camdessus-Panels.
Die
Arbeitsergebnisse dieser Kommission fanden Eingang in zwei Dokumente,
die auf dem zweiten Weltwasserforum in Den Haag 2000 der Öffentlichkeit
vorgestellt wurden.(7) Die Foren und Berichte der genannten Wasserinstitu-
tionen favorisieren ausnahmslos eine radikale Privatisierung
der Wasserversorgung, wenn nicht gar des Wassers selbst, und
befürworten infrastrukturelle Großbauten, die in ihren
Augen die einzig mögliche Lösung darstellt.
So
monopolisieren einige wenige Entscheidungsträger aus dem
neoliberalen Umfeld, die im Namen aller zu sprechen vorgeben,
die Wasserdiskussion und die Schlüsselpositionen in diesen
Organisationen. Da sie auch in den Medien und Institutionen völlig überrepräsentiert
sind, können sie die Nichtregierungsorganisationen und in
gewisser Weise auch die UNO und die unabhängigen Organisationen,
die durchaus Lösungsvorschläge zu bieten haben, ins
Abseits drängen.
Auch
das 3. Weltwasserforum im März 2003 in Kioto hat die führende
Rolle des Weltwasserforums und seiner Satelliten bestätigt.
Dieses Forum, eine der seltenen internationalen Gelegenheiten
zur Erörterung der Wasserfrage, diente fast nur der Selbstdarstellung
der Industrielobby und ihrer politischen Anhängsel. Die
anwesenden Nichtregierungsorganisationen durften an den wichtigsten
Debatten nicht teilnehmen, zumal wenn sie die Auffassung vertreten,
dass privat-öffentliche Partnerschaften und gigantische
Wasserbauten nicht unbedingt die geeignetste Lösung darstellen.
In
ihrer Abschlusserklärung erinnerten die Organisatoren an
die Zusage der internationalen Gemeinschaft, bis 2015 mindestens
die Hälfte der Menschen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen,
die heute noch keines haben. Wie das geschehen soll, darüber
schwiegen sich die Veranstalter aus. Ebenso weigerten sie sich,
die Erklärung um einen Passus zu ergänzen, der den
Zugang zu Wasser als "fundamentales Menschenrecht" festschreibt.
Am
erstaunlichsten ist jedoch ein Detail im Bericht des Camdessus-Panels,
das bei der Vorstellung des Berichts nicht hinreichend gewürdigt
wurde. Von den jährlich 180 Milliarden Dollar, die Camdessus
zur Erreichung der Zielvorgaben bis 2015 veranschlagte, sind
nur 75 Milliarden für den Ausbau der Trinkwasserversorgung
vorgesehen. Der Rest soll zu einem Drittel in die Landwirtschaft
und zwei Dritteln in "Industrie und Umwelt" fließen. |
Astronomische
Zahlen machen misstrauisch
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Diese
astronomischen Zahlen weckten den Argwohn der Nichtregierungsorganisationen. "Die
konzentrieren sich auf verchromte Großprojekte und ignorieren
die von den Armen selbst verwalteten Projekte", empörte
sich Sir Richard Jolly, Altpräsident der Unicef.8 Und Peter
Gleick, Direktor des unabhängigen Institut du Pacifique,
meinte, dass Camdessus' Berechnungen auf falschen Zahlen beruhen:
Es sei Unsinn, davon auszugehen, "dass jeder Erdenbürger
durchschnittliche Investitionen in Höhe von 500 Dollar braucht.
Das ist vergoldetes und platiniertes Geschwätz. Das läuft
darauf hinaus, die USA für den Bedarf an Infrastruktur als
weltweit verbindliche Norm zu setzen."9
Doch
die Panelexperten bestanden auf ihren Summen, die sie sogar als
nur knapp ausreichend erachten. Auf die Frage, wie es mit der
Privatisierung stehe, meinte Camdessus zwar, das sei nicht sein
Problem. Doch dann ließ er die Katze aus dem Sack: "Wasserdienstleistungen
sind ,im Allgemeinen' öffentliche Versorgungsleistungen,
doch heute müssen sie mit dem Privatsektor organisiert werden,
weil nur er in der Lage ist, die nötigen Investitionen am
kostengünstigsten und effizientesten zu erbringen."
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Fußnoten:
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- "L'Économist" (Casablanca),
21. 9. 2004.
- Amy
Otchet, "La guerre de l'eau n'aura pas lieu", "Courrier
de l'Unesco", Paris, Oktober 2001, www.unesco.org/courier/2001_10/fr/doss01.htm.
- Michel
Camdessus, Bertrand Badré, Ivan Chéret und Pierre
Frédéric Ténière-Buchot, "L'Eau",
Paris (Robert Laffont) 2004, S. 32 f.
- "The
Economist"" (London), 17. 7. 2003.
- Michel
Camdessus u. a., siehe Fußnote 3, S. 77. Zuvor behauptet
Camdessus, Privatinvestoren hätten dabei wenig zu verdienen.
Frage: "Ist Wasser das neue Eldorado, das bestimmte globalisierungskritische
Nichtregierungorganisationen beschreiben?" Antwort: "Weit
gefehlt. Angezeigt ist nicht eine Beschränkung der Rolle
der Privatwirtschaft, sondern ihnen Anreize zu Investitionen
im Wassersektor zu bieten, wo doch viele daran denken, sich aus
diesem Bereich zurückzuziehen."
- http://ceb.unsystem.org/former.acc/accswr.htm.
- William
J. Cosgrove und Frank Rijsberman, "World Water Vision: Making
Water Everybody's Business", Earthscan, April 2000, sowie "WorldWater
Vision: Commission Report. A Water Secure World: Vision for Water,
Life and the Environment", Studie im Auftrag des internationalen
Wasserprogramms der Unesco, 2000.
- Agence
France-Press (AFP), Paris, 21. 3. 2003.
- AFP, 23.
3. 2003.
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Aus
dem Französischen von Bodo Schulze
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