"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 16.11.2005

"Gibt keinen absoluten Schutz"

Achim Richter* über die Möglichkeit von Giftanschlägen auf die Wasserversorgung

von Marc Borufka

 

Kassel. Im Bodensee ist ein Giftanschlag auf die Trinkwasserversorgung verübt worden. Ein Unbekannter hatte zwei Kanister mit Pflanzenschutzmittel an einer Trinkwasserentwnahmestelle auf dem Grund des Sees deponiert. Wir sprachen mit Dr. Achim Richter, Bereichsleiter Wassergewinnung bei den Städtischen Werken über die Gefahren von Gift im Kasseler Trinkwasser.

Herr Dr. Richter, kann der Anschlag am Bodensee auch bei uns in Kassel passieren?

Dr. Achim Richter: Nein, in dieser Form nicht. Wir haben den Vorteil, dass wir kein Trinkwasser aus einem See entnehme. Das Wasser wird zu 30 Prozent aus unterirdischen Quellen und zu 70 Prozent aus Tiefbrunnen entnommen.

Wie sieht es bei den Hochbehältern und Sammelstellen aus?

Richter: Die sind alle gesichert. Die Schächte der Tiefbrunnen sind beispielsweise mit Spezialschlössern gesichert. Und die Hochbehälter sind elektronisch gesichert und werden von der Zentrale kontrolliert. Das Sicherheitssystem wird 24 Stunden am Tag überwacht.

Wie viele Quellen gibt es, die die Kasseler mit Wasser versorgen?

Richter: Wir haben 40 Quellen im Habichtswald und 60 im Trinkwasserschutzgebiet Niestetal. Die sieht man aber nicht, weil sie alle unterirdisch sind. Zudem haben wir 21 Tiefbrunnen, die im Stadtgebiet verteilt sind. Von den Quellen und Tiefbrunnen gelangt das Wasser dann in die Hochbehälter, wo es aufbereitet wird.

Wie lange dauert es, bis ein Regentropfen im Hochbehälter landet?

Richter: Bis ein Regentropfen so weit durch den Buntsandstein versichert ist, dass wir ihn durch einen Tiefbrunnen fördern können, vergehen zwischen 5000 und 8000 Jahren. Das Wasser muss dann nicht mehr desinfiziert werden.

Wie tief sind die Brunnen?

Richter: Zwischen 150 und 400 Meter.

Was passiert, wenn versucht wird, eine Tür an Hochbehältern oder Wasserbecken aufzubrechen?

Richter: Dann meldet uns dies das Sicherheitssystem und die Polizei wird sofort alarmiert.

Wenn Gift in die Fulda oder in Bäche gekippt wird, wird es dann gefährlich?

Richter: Nicht für die Wasserversorgung. Das Gift käme dort nicht an.

Das Kasseler System ist also vollkommen sicher?

Richter: Die Wasserversorgung ist sehr sicher. Alles, was menschenmöglich ist, haben wir gemacht. Aber es gibt keinen hundertprozentigen Schutz. Das muss den Menschen in der Stadt klar sein.

Wie oft analysieren die Stadtwerke das Trinkwasser?

Richter: Das hängt von der Größe des Behälters ab. Das Wasser unseres größten Behälters am Osterberg zwischen Harleshausen und Vellmar, der 10 000 Kubikmeter fasst, kontrollieren wir dreimal in der Woche. Damit liegen wir weit über dem, was gesetzlich vorgegeben ist. Laut Trinkwasserverordnung müssten wir nur dreimal im Monat Proben entnehmen. Kleinere Behälter kontrollieren wir zweimal pro Woche. Wir analysieren freiwillig öfter, damit wir schneller auf Vorfälle reagieren können.

Was geschieht, wenn Sie feststellen, dass das Wasser verunreinigt ist?

Richter: Sobald wir davon erfahren, wird der Hochbehälter sofort vom Netz der Wasserversorgung genommen. Die Kunden bekommen davon nichts mit. Bei ihnen kommt nach wie vor Wasser aus dem Hahn, weil sir dann auf einen anderen Behälter umschalten. Dies geschieht übrigens turnusgemäß einmal im Jahr, wenn wir die Behälter reinigen.

Waren die Sicherheitsvorkehrungen schon immer so hoch?

Richter: Wir haben seit den Terroranschlägen am 11. September damit begonnen, zusammen mit der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches neue Richtlinien und Handlungsempfehlungen zu entwickeln.

Gab es in der Vergangeheit eine gefährliche Verunreinigung in Kassel?

Richter: Nein.