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Kassel. Im
Bodensee ist ein Giftanschlag auf die Trinkwasserversorgung verübt
worden. Ein Unbekannter hatte zwei Kanister mit Pflanzenschutzmittel
an einer Trinkwasserentwnahmestelle auf dem Grund des Sees deponiert.
Wir sprachen mit Dr. Achim Richter, Bereichsleiter Wassergewinnung
bei den Städtischen Werken über die Gefahren von Gift im Kasseler
Trinkwasser.
Herr
Dr. Richter, kann der Anschlag am Bodensee auch bei uns in Kassel
passieren?
Dr.
Achim Richter: Nein, in dieser Form nicht. Wir haben den
Vorteil, dass wir kein Trinkwasser aus einem See entnehme. Das Wasser
wird zu 30 Prozent aus unterirdischen Quellen und zu 70 Prozent aus
Tiefbrunnen entnommen.
Wie
sieht es bei den Hochbehältern und Sammelstellen aus?
Richter: Die
sind alle gesichert. Die Schächte der Tiefbrunnen sind beispielsweise
mit Spezialschlössern gesichert. Und die Hochbehälter sind elektronisch
gesichert und werden von der Zentrale kontrolliert. Das Sicherheitssystem
wird 24 Stunden am Tag überwacht.
Wie
viele Quellen gibt es, die die Kasseler mit Wasser versorgen?
Richter: Wir
haben 40 Quellen im Habichtswald und 60 im Trinkwasserschutzgebiet
Niestetal. Die sieht man aber nicht, weil sie alle unterirdisch
sind. Zudem haben wir 21 Tiefbrunnen, die im Stadtgebiet verteilt
sind. Von den Quellen und Tiefbrunnen gelangt das Wasser dann
in die Hochbehälter, wo es aufbereitet wird.
Wie
lange dauert es, bis ein Regentropfen im Hochbehälter landet?
Richter: Bis
ein Regentropfen so weit durch den Buntsandstein versichert ist,
dass wir ihn durch einen Tiefbrunnen fördern können, vergehen
zwischen 5000 und 8000 Jahren. Das Wasser muss dann nicht mehr
desinfiziert werden.
Wie
tief sind die Brunnen?
Richter: Zwischen
150 und 400 Meter.
Was
passiert, wenn versucht wird, eine Tür an Hochbehältern oder
Wasserbecken aufzubrechen?
Richter: Dann
meldet uns dies das Sicherheitssystem und die Polizei wird sofort
alarmiert.
Wenn
Gift in die Fulda oder in Bäche gekippt wird, wird es dann gefährlich?
Richter: Nicht
für die Wasserversorgung. Das Gift käme dort nicht an.
Das
Kasseler System ist also vollkommen sicher?
Richter: Die
Wasserversorgung ist sehr sicher. Alles, was menschenmöglich
ist, haben wir gemacht. Aber es gibt keinen hundertprozentigen
Schutz. Das muss den Menschen in der Stadt klar sein.
Wie
oft analysieren die Stadtwerke das Trinkwasser?
Richter: Das
hängt von der Größe des Behälters ab. Das Wasser unseres größten
Behälters am Osterberg zwischen Harleshausen und Vellmar, der
10 000 Kubikmeter fasst, kontrollieren wir dreimal in der Woche.
Damit liegen wir weit über dem, was gesetzlich vorgegeben ist.
Laut Trinkwasserverordnung müssten wir nur dreimal im Monat Proben
entnehmen. Kleinere Behälter kontrollieren wir zweimal pro Woche.
Wir analysieren freiwillig öfter, damit wir schneller auf Vorfälle
reagieren können.
Was
geschieht, wenn Sie feststellen, dass das Wasser verunreinigt
ist?
Richter: Sobald
wir davon erfahren, wird der Hochbehälter sofort vom Netz der
Wasserversorgung genommen. Die Kunden bekommen davon nichts mit.
Bei ihnen kommt nach wie vor Wasser aus dem Hahn, weil sir dann
auf einen anderen Behälter umschalten. Dies geschieht übrigens
turnusgemäß einmal im Jahr, wenn wir die Behälter reinigen.
Waren
die Sicherheitsvorkehrungen schon immer so hoch?
Richter: Wir
haben seit den Terroranschlägen am 11. September damit begonnen,
zusammen mit der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches
neue Richtlinien und Handlungsempfehlungen zu entwickeln.
Gab
es in der Vergangeheit eine gefährliche Verunreinigung in Kassel?
Richter: Nein.
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