"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 20.10.2005

Beim Abwasser wird's ernst

Kommunen müssen EU-Richtlinien erfüllen
Land übt Druck mit Sonderprogramm aus

von Petra Wettlaufer-Pohl

 

Wiesbaden. Bankdarlehen zu günstigen Konditionen und Unterstützung aus dem Kommunalen Finanzausgleich bei der Rückzahlung - damit will das Land all jene Gemeinden ermuntern, endlich ihre Abwassereinrichtungen auf Vordermann zu bringen, die bislang die strengen EU-Anforderungen noch nicht erfüllen. Denn andernfalls, so Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU), könnten Bürgermeister persönlich strafrechtlich für ihre Versäumnisse verantwortlich gemacht werden.

Konkret geht es um Kläranlagen und vor allem das Kanalnetz, das in vielen Kommunen streckenweise so marode ist, dass Reparaturen nichts mehr helfen. Das gestern von Wilhelm Dietzel (CDU) vorgestellte Programm hat einen Investitionsumfang von 500 Millionen Euro.

Während das Gros der größeren Gemeinden seinen Verpflichtungen bereits nachgekommen ist und dafür Landeszuschüsse aus der Abwasserabgabe erhalten hat, haben gerade ländliche Kommunen in Nord- und Osthessen oder dem Odenwald Nachholbedarf. Sie hätten häufig wenige Einwohner, aber viele Ortsteile und demzufolge lange Kanäle, so Weimar. Nach einer ersten Umfrage haben über 200 Kommunen Interesse an dem Programm geäußert.

Während Dietzel gestern meinte, manche hätten halt lieber Dorfgemeinschafts- oder Feuerwehrhäuser gebaut, als das Geld in der Erde zu verbuddeln, nimmt Weimar die Bürgermeister eher in Schutz. Viele hätten einfach kein Geld und könnten auch die Gebühren nicht ohne weiteres erhähen: "Die Leute müssen das doch auch bezahlen können."

Damit der Staatsanwalt nicht im Rathaus auftaucht, können Kommunen jetzt ein verbilligtes Darlehen bei der Landestreuhandstelle Hessen aufnehmen - "zu einer Zeit sagenhafter Zinssätze", wie Weimar betont. In den ersten vier Jahren werden nur Zinsen fällig, sobald die Tilgung einsetzt, gibt's Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich und der Abwasserabgabe dazu, insgesamt 212,5 der 500 Millionen Euro. Weimar setzt den Bürgermeistern allerdings auch die Pistole auf die Brust: "Wer sich bis 1. November nicht angemeldet hat, geht leer aus und wird auch in den Folgejahren keine Zuschüsse für diese Aufgaben bekommen."

Während Ursula Hammann (Grüne) meinte, es sei auch höchste Zeit, dass das Land etwas tue, sieht die FDP das Programm nur als Beitrag zum Kommunalwahlkampf. Es handele sich letztlich nur um umgeschichtete Mittel. Die FDP will wissen, warum die Kommunen trotz gesetzlicher Verpflichtung bislang nichts getan haben.

 

Kommentar

Gut angelegt

Petra Wettlaufer-Pohl über das Abwasser

 

 

Natürlich hat die FDP Recht: Bei den 500 Millionen Euro handelt es sich nicht um schönes frisches Geld, das der Finanzminister unter den armen Kommunen verteilt - wo bitte sollte er es auch herhaben? Es handelt sich um Darlehen und um Geld aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) und der Abwasserabgabe, das den Kommunen zusteht.

Doch abgesehen davon, wer sich so beim Wähler beliebt macht: Es ist eine richtige Entscheidung, das Geld für einen bestimmten Zweck zu bündeln. Und es war sicher nicht einfach, die restlichen Nutznießer des KFA, die für Kanäle nichts mehr brauchen, von der Notwendigkeit dieses Programms zu überzeugen.

Die Kommunen müssen handeln, sie sind in Zeit- und in Geldnot. Da hilft es wenig, erst nach Ursachen zu forschen. Schließlich geht es auch darum, Umweltschäden durch marode anlagen zu verhindern. Außerdem wächst durch den Druck des Landes vielleicht auch die Einsicht, dass auch unter der Erde verbuddeltes Geld gut angelegt ist.