"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 22.10.2005

Der Untergrund macht Sorgen

Land zwingt Kommunen zur Kanalsanierung
Bürgermeister unter Druck

von Peter Ketteritzsch

 

KREIS Kassel. Den Druck, den das Land Hessen auf die Städte und Gemeinden ausübt, endlich die teilweise maroden Kanalnetze in Ordnung zu bringen, nimmt Ignatz Olesch von den Stadtwerken Vellmar eher gelassen. Seit 1993, als die so genannte Eigenkontrollverordnung des Landes in Kraft trat, haben der für die Kanalunterhaltung zuständige Mitarbeiter und seine Kollegen mit der Kamera Meter für Meter des 111 Kilometer langen Rohrsystems untersucht. "Wir haben allerdings nicht nur eine Bestandsaufnahme gemacht, sondern auch die gravierendsten Schäden behoben."

Das ist nicht überall passiert. Und so ist es kein Wunder, dass in den Rathäusern des Landkreises das Thema Kanalsanierung dieser Tage ganz oben auf der Agenda steht.

Die Kommunen stehen unter Zeitdruck: Bis zum 1. November dieses Jahres müssen sich die Bürgermeister in Wiesbaden melden, um ein verbilligtes Darlehen aus dem 500-Millionen-Euro-Topf zu bekommen. Bürgermeister, die in Sachen Kanalsanierung schlampen, können im schlimmsten Fall im Knast landen. Die Umstellung von Zuschüssen auf zinsgünstige Darlehen sehen vor allem finanzschwächere Gemeinden kritisch. "Für Fuldatal bedeutet das eine wesentliche Verschlechterung", sagt Bürgermeisterin Anne Werderich (FDP). Beispiel Kanalsanierung Söhrestraße in Simmershausen. Für das bereits genehmigte Projekt sind 250 000 Euro veranschlagt. Das Land gibt einen Zuschuss von 33 600 Euro. In Zukunft bietet es lediglich das Darlehen.

Doch die Bürgermeister sind pragmatisch, weil lamentieren nichts nützt. "Wir nehmen, was wir kriegen können", so Ahnatals Bürgermeisterin Regina Heldmann (SPD). Der Sanierungsbedarf am örtlichen Kanalnetz sei "enorm". Von einem "ungeheuren Investitionsstau" spricht ihr Espenauer Amtskollege Michael Wielert (SPD). Hier wie dort liegt der Investitionsbedarf nach den Berechnungen der Gemeinden mittelfristig im Millionenbereich.

Besser sieht es in Lohfelden aus. Bürgermeister Michael Reuter: "Wir sind ja eine recht junge Gemeinde, da ist das Kanalnetz noch weitgehend intakt." 85 Prozent der 115 Kanalkilometer wurden kontrolliert und sind in Ordnung.

 

Kommentar

Schlicht überfordert

Peter Ketteritzsch über die Kanalsanierung

 

 

Es gibt zahlreiche Bürgermeister, denen geht der neue, repressive Kurs des Landes gegen den Strich. Statt Zuschüsse gibt es nur noch Darlehen, und wer das Kanalnetz nicht bald instand setzt, haftet persönlich für die Versäumnisse, landet im schlimmsten Fall sogar im Gefängnis.

Für Umweltminister Dietzel ist die Sache klar: Wer jahrelang lieber Turnhallen gebaut hat als in das unsichtbare und damit nicht prestigeträchtige Kanalnetz zu investieren, muss nun eben sehen, wie er zurechtkommt.

Diese Sicht der Dinge ist polemisch. Auch viele Kommunen, die sich stets gekümmert haben, sind mit der Sanierung des Kanalnetzes schlicht überfordert. Nehmen wir das Beispiel Fuldatal: Sechs Ortsteile, 90 Kilometer Kanal, große Entfernungen, eine ungünstige Topografie. Wie soll man da je auf dem neuesten Stand sein?