PORTO
ALEGRE. taz. Es ist ein Signal: Der französische Wassermulti
Suez will sich aus aus Buenos Aires zurückziehen. Man werde
den eigenen Aktionären empfehlen, den "Konzessionsvertrag" aufzulösen.
Damit wird erneut deutlich: Die Weltbank ist mit ihrer Politik
gescheitert, die öffentlichen Dienstleistungen in den Schwellenländern
zu privatisieren.
Der
argentinische Staatschef Néstor Kirchner reagierte deutlich
auf den Rückzug des Wasserkonzerns: "Sollen sie doch
gehen, wenn sie gehen wollen." Der Konzern habe die Wasserpreise
unzumutbar erhöht und dennoch völlig auf Investitionen
verzichtet. "Dieser Präsident wird nicht zulassen,
dass die Firma dem argentinischen Volk weiterhin Trinkwasser
und Abwasserkanäle vorenthält." Andere Investoren
würden sich durch diese Vorgaben nicht abschrecken lassen,
fügte Kirchner trotzig hinzu.
1993
war das öffentliche Wasserwerk der argentinischen Hauptstadt
privatisiert worden. Es wurde von Aguas Argentinas übernommen,
zu dessen Anteilseignern nicht nur Suez gehörte - sondern
auch die Weltbank-Tochter IFC. Doch Aguas Argentinas verstieß gleich
gegen mehrere Auflagen des Konzessionsvertrags. Die Gebühren
wurden bis 2002 um durchschnittlich 88,2 Prozent erhöht,
für die ärmsten Nutzer sogar um 177 Prozent. Die Rendite
von Aguas Argentinas betrug damals über 15 Prozent im Jahr
- weitaus mehr als im internationalen Durchschnitt.
Dennoch
ist Aguas Argentinas heute mit knapp 600 Millionen Dollar verschuldet.
Denn nach der unvermeidlichen Abwertung des Peso 2001 war es
vorbei mit der Privatisierungs-Bonanza: Die Einkünfte in
harter Währung gingen drastisch zurück, die Erhöhung
der Wasserpreise hielten sich in engen Grenzen.
Nach
dem Rückzug von Aguas Argentinas überlegt die Regierung
fieberhaft, wie die privatisierten Wasserwerke nun zumindest
zum Teil wieder verstaatlicht werden können. Denn Engpässe
in der Wasserversorgung sind gerade in den Sommermonaten keine
Seltenheit, und im Oktober finden Kongresswahlen statt.
Zudem
sind die Streitereien mit Suez noch immer nicht ausgestanden.
Denn nun muss geklärt werden, wer für die vorzeitige
Beendigung des 30-jährigen Konzessionsvertrags verantwortlich
ist. Vor dem Weltbank-Schiedsgericht für Investitionsfragen
hat der Multi Argentinien bereits auf Schadensersatz in Höhe
von 1,7 Milliarden Dollar verklagt. Umgekehrt will die Regierung
Kirchner die Gläubiger des Konsortiums und die argentinischen
Gerichte über dessen "gravierende Vertragsverletzungen" informieren.
Für
den Forscher Daniel Azpiazu ist die gescheiterte Wasserprivatisierung
in Buenos Aires das Paradebeispiel dafür, dass der Neoliberalismus
in Argentinien gescheitert ist: "Die Firmen haben geklaut,
der Staat war korrupt, der IWF und die Weltbank stellten sich
als Komplizen heraus."
Zumindest
in ihren offiziellen Veröffentlichungen hat die Weltbank
inzwischen einen Schwenk vollzogen. Sie propagiert jetzt Public
Private Partnerschips und ist von Totalprivatisierungen abgerückt.
Allerdings kann sich die Weltbank noch nicht vorstellen, die öffentliche
Versorgung wieder ganz den staatlichen Regierungen zu übertragen.
Entsprechendem
Druck dürfte sich auch argentinische Wirtschaftsminister
Roberto Lavagna in Washington ausgesetzt sehen, wo er ab morgen
an den Jahrestreffen von IWF und Weltbank teilnimmt. Die Weltbank
etwa hat Argentinien einen 500-Millionen-Dollar-Kredit "für
die Verbesserung des Investitionsklimas" in Aussicht gestellt.
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