DÜSSELDORF. Private
Abwasserunternehmen sehen ihre Chance: Die schwarz-gelbe Landesregierung
in Nordrhein-Westfalen will
den Abwassermarkt öffnen. Dafür will sie eigens das
Landeswassergesetz ändern. Danach wäre es Kommunen
erstmals in einem deutschen Bundesland möglich, ihre Abwassernetze
komplett an Private zu verkaufen. "Wir begrüßen
die Novellierung sehr", sagte Stephan Harmening, Hauptgeschäftsführer
des Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE),
gestern.
Doch die Pläne von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers
(CDU) und Co. erzeugen nicht nur Beifallsbekundungen. Opposition,
Kommunen und Umweltverbände kritisieren das Vorhaben und verweisen
auf die bisher negativen Erfahrungen. In Berlin etwa wurden die
Wasserbetriebe Mitte der 90er-Jahre teilprivatisiert. "Das
hat zu massiven Beschäftigungsabbau, teilweisem Rückgang
der Investitionen und einem Anstieg der Gebühren geführt",
sagt Matthias Naumann vom Institut für Regionalentwicklung
und Strukturplanung in Erkner. Knackpunkt sind die Steuern. Private
sind im Gegensatz zu den Gemeinden umsatzsteuerpflichtig. Nach
der Öffnung für alle Anbieter fallen die Steuern aufgrund
der Wettbewerbsgleichheit auch für die Kommunen an. Der Städte-und
Gemeindebund NRW befürchtet, dass die kommunalen Betriebe
diese Mehrkosten auf den Verbraucher umlegen werden. "Die
Zeche für die Pläne des Landes zahlen die Bürger",
kritisiert Hauptgeschäftsführer Jürgen Schneider.
Privatunternehmen haben
hier einen Vorteil. "Durch modernere
Technik können Private bis zu 50 Prozent sparen", glaubt
Karl-Ulrich Rudolph von der Uni Witten/Herdecke.
Trotzdem setzt sich
die CDU in NRW für die Öffnung des
Marktes ein - auch weil die Bestandteil des Koalitionsvertrages
mit der FDP ist. "Wettbewerb und Privatisierung haben noch
nie geschadet", sagt der umweltpolitische Sprecher Friedhelm
Ortgies. Allerdings wolle man eine Lösung, die den Bürger
nicht weiter belaste.
Die Opposition glaubt
jedoch nicht, dass das mit der neuen Steuerbelastung geht. "Nach dem Willen von Schwarz-Gelb soll eine vierköpfige
Familie künftig allein rund 100 Euro mehr im Jahr für
ihr Abwasser bezahlen", so die SPD-Landtagsabgeordnete Svenja
Schulze.
Der Streit um die Privatisierung
der Wasserversorgung ist kein reines NRW-Problem. Auch Sachsen
und Baden-Württemberg wollen
den Bereich für private Unternehmen öffnen. Sie suchen
aber seit zehn Jahren nach möglichen Lösungen für
die Folgeprobleme. Andere Länder haben sich aus eben diesem
Grund schon lange von der Privatisierungsoption verabschiedet.
Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben sich lange damit
befasst und sie dann verworfen.
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