Kassel. Die
Affäre um giftigen Dünger und Klärschlamm wächst
sich zu einem großen Umweltskandal aus. Nachdem die Behörden
begonnen haben, den mit der Krebs erregenden Industriechemikalie
PFT verseuchten Dünger von Feldern in Nordhessen abzutragen,
sind die Ermittler neuen Machenschaften auf die Spur gekommen.
Die Paderborner Firma "GW Umwelt", die den PFT-Dünger
auslieferte (wir berichteten), versorgte Landwirte auch mit hochgiftigem
Klärschlamm aus den Niederlanden. 50 000 Tonnen von der
Giftbrühe - das sind 1900 Lastwagenladungen - wurden auf
Felder in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern
gekippt. Hessen soll nach bisherigen Erkenntnissen nicht betroffen
sein.
Der
Geschäftsführer von "GW Umwelt" sowie seine
zwei leitenden Ingenieure wurden am Dienstag festgenommen. Gegen
sie wird wegen Betrugs und dem "unerlaubten Umgang mit gefährlichen
Stoffen" ermittelt. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Der "GW-Umwelt"-Chef saß schon wegen der Lieferung
des PFT-Düngers in Untersuchungshaft. Er kam wieder frei,
weil keine Verdunklungsgefahr bestand.
Ursprung
in Holland
Der
neuerliche Skandal hat seinen Ursprung in den Niederlanden. Dort
entsorgt die Firma "Vartec" Schlämme aus kommunalen
Kläranlagen. Sie enthalten nicht nur Abwasser aus normalen Haushalten,
sondern auch giftige Industrieabwässer. Normalerweise wird dieser
Klärschlamm verbrannt.
"GW
Umwelt" soll den Holländern ein Angebot gemacht haben,
nach dem man über einen Technik verfüge, mit der der Giftschlamm
in Dünger umgewandelt werden könne. Die Behörden in
den Niederlanden gaben grünes Licht - 50 000 Tonnen wurden nach
Paderborn geliefert. Dort versetzte man laut Staatsanwaltschaft die
brisante Fracht mit ein wenig Kalk und lieferte die heiße Ware
unter Umgehung der deutschen Klärschlammverordnung an Landwirte
aus. Welche Region in Niedersachsen betroffen ist, konnte die Staatsanwaltschaft
gestern nicht sagen. Die Ermittlungen seien noch "zu frisch".
Einzige
Ausnahme
Das
Thema Klärschlamm wird nun auch im Mittelpunkt von Gesprächen
zwischen den Umweltministerien in Hessen und Nordrhein-Westfalen
stehen. Denn: Nach Erkenntnissen des hessischen Bauernverbandes ist
Nordrhein-Westfalen das einzige Bundesland, das dem Klärschlamm
auch Abfälle aus der Lebensmittelindustrie und andere Stoffe
wie Flugasche oder Papier zusetzt. Dieser so belastete Schlamm werde
in andere Bundesländer verkauft. Auch Mecklenburg-Vorpommern
fordert mittlerweile, dass die Mischung des Klärschlammes
mit anderen Stoffen verboten werden soll.
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