"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 13.12..2006


Gift-Schlamm aus Holland
PFT-Affäre wird zu großem Skandal
Chefs von Paderborner Firma festgenommen

Von Frank Thonicke

 

Kassel. Die Affäre um giftigen Dünger und Klärschlamm wächst sich zu einem großen Umweltskandal aus. Nachdem die Behörden begonnen haben, den mit der Krebs erregenden Industriechemikalie PFT verseuchten Dünger von Feldern in Nordhessen abzutragen, sind die Ermittler neuen Machenschaften auf die Spur gekommen. Die Paderborner Firma "GW Umwelt", die den PFT-Dünger auslieferte (wir berichteten), versorgte Landwirte auch mit hochgiftigem Klärschlamm aus den Niederlanden. 50 000 Tonnen von der Giftbrühe - das sind 1900 Lastwagenladungen - wurden auf Felder in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gekippt. Hessen soll nach bisherigen Erkenntnissen nicht betroffen sein.

Der Geschäftsführer von "GW Umwelt" sowie seine zwei leitenden Ingenieure wurden am Dienstag festgenommen. Gegen sie wird wegen Betrugs und dem "unerlaubten Umgang mit gefährlichen Stoffen" ermittelt. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Der "GW-Umwelt"-Chef saß schon wegen der Lieferung des PFT-Düngers in Untersuchungshaft. Er kam wieder frei, weil keine Verdunklungsgefahr bestand.

Ursprung in Holland

Der neuerliche Skandal hat seinen Ursprung in den Niederlanden. Dort entsorgt die Firma "Vartec" Schlämme aus kommunalen Kläranlagen. Sie enthalten nicht nur Abwasser aus normalen Haushalten, sondern auch giftige Industrieabwässer. Normalerweise wird dieser Klärschlamm verbrannt.

"GW Umwelt" soll den Holländern ein Angebot gemacht haben, nach dem man über einen Technik verfüge, mit der der Giftschlamm in Dünger umgewandelt werden könne. Die Behörden in den Niederlanden gaben grünes Licht - 50 000 Tonnen wurden nach Paderborn geliefert. Dort versetzte man laut Staatsanwaltschaft die brisante Fracht mit ein wenig Kalk und lieferte die heiße Ware unter Umgehung der deutschen Klärschlammverordnung an Landwirte aus. Welche Region in Niedersachsen betroffen ist, konnte die Staatsanwaltschaft gestern nicht sagen. Die Ermittlungen seien noch "zu frisch".

Einzige Ausnahme

Das Thema Klärschlamm wird nun auch im Mittelpunkt von Gesprächen zwischen den Umweltministerien in Hessen und Nordrhein-Westfalen stehen. Denn: Nach Erkenntnissen des hessischen Bauernverbandes ist Nordrhein-Westfalen das einzige Bundesland, das dem Klärschlamm auch Abfälle aus der Lebensmittelindustrie und andere Stoffe wie Flugasche oder Papier zusetzt. Dieser so belastete Schlamm werde in andere Bundesländer verkauft. Auch Mecklenburg-Vorpommern fordert mittlerweile, dass die Mischung des Klärschlammes mit anderen Stoffen verboten werden soll.