"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 22.7.2006

Es fließt auch ohne Strom
1000 Kilometer Leitungen bringen das Trinkwasser nach Kassel und in den Altkreis

Von Damai D. Dewert und Ralph-Michael Krum

 

Kassel. Schweiß. 37 Grad Celsius. Alles klebt. Ohne Wasser geht nichts. Die gute Nachricht von den Städtischen Werken: Es ist genug für alle da. Auch der Rasensprenkler darf bedenkenlos laufen. Dennoch: Wasser ist ein kostbares Gut, mit dem sparsam umgegangen werden sollte.

Wie unterschiedlich das Verbrauchsverhalten sein kann, demonstriert folgendes Beispiel. Ein ganz normaler Wochentag, 21 Uhr. Die Kasseler verbrauchen etwa 2000 Liter Trinkwasser in der Minute. Am 4. Juli war alles anders. Innerhalb von Minuten sank der Verbrauch auf weniger als 1000 Liter. Dann 45 Minuten später ein unglaublicher Anstieg auf 2500 Liter in der Minute. Der Grund: Halbzeitpause im WM-Spiel Deutschland gegen Italien. "Solche extremen Lastspitzen sind kein Problem für unser Wassernetz", sagt Jochen Bennewitz von den Städtischen Werken. "Der Verbrauch liegt auf dem Niveau eines normalen Werktagmorgens gegen 7 Uhr 30, wenn die meisten duschen und ihren Kaffee kochen."

Das Trinkwasser für die 213 000 Menschen im Verbreitungsgebiet der Städtischen Werke stammt aus Tiefbrunnen und ist somit Grundwasser. Mit einem Anteil von 30 Prozent ist der Tiefbrunnen im Habichtswald der größte Wasserlieferant. Weitere gibt es in Niederzwehren, Bettenhausen, Simmershausen, Nieste und im Kaufunger Wald. Das Wasser ist in Bundsandsteinschichten in Tiefen bis 400 Meter gespeichert. Zwischen 5000 und 8000 Jahre brauchte es, von der Erdoberfläche dorthin zu gelangen. "Wir betreiben eine nachhaltige Wasserwirtschaft in Kassel", sagt Ingo Pijanka, Sprecher der Städtischen Werke. Heißt: Es wird nicht mehr Wasser entnommen, als nachfließt. Wie viel Wasser noch vorhanden ist, kann auch er nicht sagen.

Durch mehr als 1000 Kilometer Trinkwasserleitungen gelangt das Wasser schließlich in die Wohnungen. Wie selbstverständlich kommt es aus den Hähnen der 36 000 Hausanschlüsse "Das wird auch so bleiben", sagt Pijanka. Kassel drohe keine Wasserverknappung. Egal wie heiß der Sommer sei. Auch bei einem totalen Stromausfall sei die Wasserversorgung gesichert - mindestens für 24 Stunden. Um das Wassernetz in Kassel und Vellmar kümmern sich 30 Netzmonteure.

Bis 1870 konnten diese unterirdischen Wasserquellen technisch nicht genutzt werden. Bis damals stammte es aus dem wasserreichen Niestetal. Auch heute noch werden 18 Prozent aus diesen Vorkommen gedeckt.

Für Krisenfälle unterhält die Kasseler Feuerwehr ebenfalls weitere Tiefbrunnen. Diese Notfallbrunnen können zum Beispiel in Kriegszeiten lebensrettend für die Menschen sein.


 

Hintergrund

Einmal quer durch die Erde

Die Kasseler und die Vellmarer verbrauchten am Mittwoch etwa 36 Millionen Liter Wasser (35 885 Kubikmeter). Würde man die Menge in Getränkekartons abfüllen (zwölf Millionen), wären sie so lang wie der Erddurchmesser (12 000 Kilometer).

Wie Ingo Pijanka, Sprecher der Werke, berichtet, liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch der 213 000 Menschen im Versorgungsgebiet bei 128 Litern täglich. In den Sommermonaten bei 140 Litern. In den Wintermonaten werden etwa zehn Prozent weniger Wasser verbraucht. Der höchste Verbrauch liegt montags in den Morgenstunden zwischen 6 und 9 Uhr. In einem Jahr wird im Verbreitungsgebiet die Menge von zwölf Milliarden Litern verbraucht. Zum Vergleich: Der Edersee enthält derzeit 177 Milliarden Liter. Die Kasseler bräuchten also knapp 15 Jahre, ihn restlos leer zu trinken. (ddd)