"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 11.7.2006

Wasser hat seinen Preis Netzkosten als Wendepunkt
Die gute Versorgung in Deutschland macht das kostbare Naß verhältnismäßig teuer

Von Barbara Will

 

Die Deutschen verbrauchen weniger Trinkwasser als andere Europäer, bezahlen dafür aber mehr - zu viel, bemängelte unlängst die honorige Unesco. Das wollte die deutsche Wasserwirtschaft nicht auf sich sitzen lassen und holte wissenschaftliche Rückendeckung ein: "Die Preise sind angesichts des ausgezeichneten Qualitätsniveaus angemessen", stellte die Berliner Unternehmensberatung Metropolitan Consulting fest, die im Auftrag des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) Kosten, Preise und Subventionen aufdröselte.

Was ist der wahre Preis?

Im Vierländervergleich mit England/Wales, Frankreich und Italien zahlt der deutsche Verbraucher 82 Euro pro Kopf und Jahr für die Trinkwasserversorgung. Nimmt man staatliche Zuschüsse und Subventionen hinzu, die über Steuern finanziert werden und letztlich auch aus des Bürgers Tasche stammen, kostet das heimische Nass in Wirklichkeit zwei Euro mehr. Wollten England und Frankreich jedoch deutschen Standard bieten, müssten sie ihre Bürger aber mit 106 Euro jährlich zur Kasse bitten. Stattdessen zahlten diese nur 95 und 85 Euro, rechnete die Studie aus.

Beim Abwasser sind die Deutschen mit 111 Euro pro Kopf und Jahr teure Spitzenreiter - obwohl der Staat mit acht Euro Zuschuss dabei ist. Auf dasselbe Niveau bezogen müssten die Engländer jedoch 138 statt 93 Euro bezahlen, die Franzosen 122 statt 90 Euro. Ein sauberer Trost bleibt dafür Deutschen wie Briten: 93 Prozent von ihnen sind an Kläranlagen angeschlossen. In Italien und Frankreich sind es knapp unter 80 Prozent.

Von der Kaffeemaschine bis zur Dusche verbraucht der Durchschnittsbürger täglich 127 Liter Trinkwasser am Tag. Sparsamer sind nur noch die Belgier. Dass der Verbrauch außerdem über die Jahre zurückging, senkt die Kosten jedoch nicht, denn der Unterhalt des weiten Versorgungsnetzes geht ins Geld: "85 Prozent unserer Kosten sind Fixkosten", sagt Ingo Pijanka, Sprecher der Städtischen Werke in Kassel. Und die kleine EGF Frankenberg kümmert sich um ein Abwassernetz, das mit 230 Kilometern ein Drittel so groß ist wie das der Stadt Kassel - die gut zehnmal so viele Einwohner hat. Ergebnis ist ein überdurchschnittlich hoher Abwasserpreis.

Höhere Investitionen

Die Kosten zahlt der Verbraucher. Dass Wasserversorger kostendeckend arbeiten müssen, steht in den Kommunalabgabengesetzen. Ausnahmen gibt es nur, wenn Preis und Leistung in einem krassen Missverhältnis stehen.
Hinzu kommt: Die Investitionen sind hier zu Lande weitaus höher als in England oder Frankreich. Dafür versickern auch nur sieben Prozent auf dem Weg zum Wasserhahn im Boden, in Frankreich sind es 26 Prozent.

Auch in England ist nicht alles dicht. 19,2 Prozent des Wassers gehen dort verloren. Fast 900 Millionen Liter täglich versickern allein im Großraum London. Vor kurzem verdonnerte die Regulierungsbehörde deshalb den größten britischen Versorger Thames Water dazu, 216 Millionen Euro in die Infrastruktur zu stecken. Unpassend für dessen deutsche Mutter RWE, plant doch der Energiekonzern, den profitablen englischen Ableger zu verkaufen.


Trinkwasser aus der Region

Soviel kostet Ver- und Entsorgung in ausgewählten Stadtwerken

 
Städtische Werke Kassel AG
Stadtwerke Northeim GmbH
EGF GmbH
Frankenberg
EWF GmbH
Korbach
Stadtwerke Göttingen AG
Trinkwasser in Kubikmeter *
2,14 Euro
1,66 Euro
1,73 Euro
2,12 Euro
1,86 Euro
Abwasser in Kubikmeter **
2,27 Euro
2,20 Euro
3,40 Euro
2,63 Euro
1,79 Euro**
Preisentwicklung für Trinkwasser
2001: 2,13 Euro/Kubikmeter
Anpassung alle zwei Jahre
2002: 1,42 Euro
Anpassung jährlich
Preis unverändert seit Januar 1998
1997: 1,80 Euro
Erhöht 2005
2001:1,64 Euro

Steigt Trinkwasserpreis 2006
Nicht geplant
5 Cent mehr seit Januar
Planung noch nicht abgeschlossen
Nicht geplant
Nicht geplant
Hausanschlüsse
36 100
8300
5434
7619
18500
Investitionen
2,9 Mio Euro (2004)
0,8 Mio Euro
1,02 Mio Euro Trinkwasser
2,05 Mio Euro Abwasser
4,8 Mio Euro
Knapp 2 Mio Euro
Eigentümer 75,1 % Stadt Kassel (KVV)
24,9 % Vattenfall

100 % Stadt Northeim


60 %Stadtwerke Frankenberg
40 % E.ON Mitte

50,1 % Zweckverband
49.9 % Thüga AG

50,1 % Stadt Göttingen
48.9 % E.ON Mitte
1 % Gelsenwasser AG


* Bundesdurchschnitt: 1,81 Euro
** Bundesdurchschnitt: 2,14 Euro. Die Abwasserentworgung liegt nicht bei den genannten Unternehmen, sondern getrennt in Eigenbetrieben der Stadt.