Kassel.
Mit der Idee, bis zu 74,9 Prozent der Aktien der Städtische
Werke AG zu verkaufen, haben Oberbürgermeister Bertram
Hilgen (SPD) und Kämmerer Dr. Jürgen Barthel (SPD)
viel Kritik ausgelöst. Noch ist nichts beschlossen, aber
der Prüfungsvorschlag hat gleich mehrere ernste Gründe.
Der
wichtigste Grund ist die Überschuldung der Stadt,
die mit rund 440 Millionen Euro in der Kreide steht. Die Zinsen
für Kredite steigen, und die Stadt zahlt bereits heute
jährlich rund 30 Millionen Euro Zinsen. Der Regierungspräsident
als Finanzaufsicht hat die Stadt aufgefordert, auch den Verkauf
von Vermögen ins Kalkül zu ziehen, um die gigantischen
Schulden zu verringern. Steigen die Zinsen, führt das
zu einer zusätzlichen Belastung des städtischen Haushalts.
Durch die Einnahmen eines Verkaufs könnte ein dreistelliger
Millionenbetrag der Schulden getilgt werden.
Stadtkämmerer Barthel befürchtet weitere, "erhebliche
Risiken". Werden die von der hessischen Landesregierung
und der Bundesnetzagentur anvisierten Kürzungen der Durchleitungsentgelte
bei der Strom- und Gasversorgung in die Tat umgesetzt, rechnet
der Kämmerer mit einem Gewinneinbruch von zehn Millionen
Euro bei den Werken.
Hintergrund:
Das seit Jahrzehnten funktionierende Modell der Stadtwerke als
Garant für satte Gewinne zum Ausgleich
von Defiziten dürfte ausgedient haben. Dürfen die
Werke die Netzentgelte nicht mehr im bisherigen Umfang an die
Kunden weiterreichen, freuen sich die Verbraucher, während
die Erträge im gleichen Maße sinken. Zudem hat sich
in den vergangenen Monaten gezeigt, dass die Werke dem Preisdiktat
der großen Strom- und Gasversorger hilflos ausgeliefert
sind.
Eckpunkte
der Denkspiele um einen weiteren Verkauf: Kassel soll eine Sperrminorität von 25,1 Prozent behalten, das
Trinkwassergeschäft in den Händen der Stadt bleiben.
Schon in der nächsten Woche soll es erste Gespräche
mit dem Vattenfall-Konzern geben.
Der
schwedische Energie-Multi hält eine 24,9-Prozent-Beteiligung
an den Kasseler Stadtwerken. Die Schweden wollen diese Beteiligung
neu ordnen und darüber mit der Stadt verhandeln. Ob sich
Vattenfall von der Beteiligung trennen möchte oder sich
für einen Zukauf weiterer Anteile interessiert, ist noch
nicht bekannt.
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