"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 29.5..2002 !!!


Alle sind mit dem Ergebnis zufrieden

Konsortialvertrag über EAM-Anteilsverkauf
sichert Standorte und Arbeitsplätze

von José Pinto

 


GELDSEGEN FÜR EAM-AKTIONÄRE

Soviel bekommen die Stadt Göttingen und die Kreise
für ihren Anteilsverkauf von der EON Energie AG

Stadt Göttingen
(7,75 %) 69,36 Mio €
Landkreis Kassel
(6,60 %) 59,07 Mio €
Landkreis Northeim
(6,06 %) 54,24 Mio €
Schwalm-Eder-Kreis
(6,00 %) 53,70 Mio €
Hersfeld Rotenburg
(5,31 %) 47,52 Mio €
Landkreis Göttingen
(4,71 %) 42,15 Mio €
Lahn-Dill-Kreis
(4,44 %) 39,74 Mio €
Main-Kinzig-Kreis
(4,03 %) 36,07 Mio €
Marburg-Biedenkopf
(3,99 %) 35,71 Mio €
Werra-Meißner Kreis
 
(2,06 %) 18,44 Mio €
Eichsfeldkreis
 
(1,24 %) 11,10 Mio €
Landkreis Höxter
 
(0,80 %) 7,16 Mio €
Waldeck-Frankenberg
 
(0,34 %) 3,04 Mio €

in Klammern der bisherige EAM-Anteil in Prozent

Quelle: EAM

 

Kassel / Göttingen. Am Ende der Jahrespressekonferenz der Kasseler Energie-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM) kam etwas Wehmut beim Vorstandsvorsitzenden auf. Denn die Bilanzvorlage am Dienstag war für Udo Cahn von Seelen, der den Regionalversorger seit 22 Jahren führt, die letzte. Ende September geht der 65-Jährige in den Ruhestand.

Dennoch wirkte der EAM-Chef sichtlich erleichtert und zufrieden. Er hinterlässt nicht nur ein geordnetes Haus (siehe Bericht), sondern auch klare Verhältnisse hinsichtlich der künftigen Eigentümerstruktur. Denn am Vortag war nach einjährigen Verhandlungen der Vertrag über den Verkauf der Hälfte der Kommunalanteile am Regionalversorger an den Hauptaktionär Eon unterzeichnet worden.

Zwar geben die Stadt Göttingen und zwölf Landkreise in Hessen, Niedersachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen, die bislang 59,33 Prozent der EAM-Anteile hielten, für insgesamt 477,3 Millionen die Kontrolle über den Energieversorger ab. In einem Konsortialvertrag haben sie sich mit ihrem verbleibenden 27-Prozent-Anteil aber eine Reihe von Rechten ausbedungen, die weit über jene hinausgehen, die das Aktiengesetz bei Sperrminoritäten (25 Prozent plus eine Aktie) vorschreibt.

So kann Eon die EAM nur verkaufen oder mit einem anderen Unternehmen fusionieren, wenn mindestens drei der künftig vier kommunalen Aufsichtsräte (Landräte/Oberkreisdirektoren) zustimmen. Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen und die Auflösung der Gesellschaft bedürfen in der Hauptversammlung einer Zustimmung von 80 Prozent des Kapitals - zur Erinnerung: Eon hält 73 Prozent des Kapitals. Sogar 85 Prozent Zustimmung sind notwendig, wenn die EAM verschmolzen oder aufgespalten oder der Unternehmenssitz aus Kassel abgezogen werden soll.

Der Konsortialvertrag hat eine Laufzeit von zehn Jahren und kann auf Wunsch der kommunalen Anteilseigner um weitere fünf Jahre verlängert werden. In ihm ist auch festgelegt, dass für die ersten fünf Jahre eine Dividende in Höhe von 32 Prozent des auf 65 Mio. Euro angehobenen Stammkapitals gezahlt wird, sofern es die Ergebnissituation zulässt. In einer separaten Kommunalvereinbarung regeln die kommunalen Aktionäre ihr Verhältnis untereinander. Und in einem von Betriebsrat sowei EAM- und Eon-Vorständen vereinbarten Eckpunktepapier werden betriebsbedingte Kündigungen im Zuge der Fusion ausgeschlossen, sowie alle geltenden betrieblichen und überbetrieblichen Vereinbarungen fortgeschrieben. Darüber hinaus wird unterstrichen, dass die Personalpolitik weiter in Kassel gemacht wird.

In diesem Zusammenhang betonte Cahn von Seelen, dass die angestrebten Synergie-Effekte von allem in der gemeinsamen Materialbeschaffung, im Finanzmanagement und im technologischen Bereich erzielt werden sollen. Beiderseitige Vorteile soll aber auch ein Mitarbeiteraustausch auf nationaler und internationaler Ebene bringen. Durch die stärke Einbindung der EAM in einen großen Konzern werde Kassel für gute Nachwuchskräfte interessanter.

"Mehr konnten die kommunalen Eigentümer nicht herausholen. Sie haben ein gutes Geschäft gemacht", kommentierte Cahn von Seelen das Verhandlungsergebnis. Wichtig sei jetzt, dass die Vereinbarungen mit Leben gefüllt würden, sagte er an die Adresse der kommunalen Aktionäre. Konkret: Nur wenn Kreise und Stadt Göttingen sich einig sind, können sie starken Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens nehmen.

Auch der Betriebsratsvorsitzende, Klaus Ulrich Gielsdorf, gab sich vollauf zufrieden. "Wir haben alles erreicht", sagte er. Die Verhandlungen mit Eon seien "super" gelaufen.

Von Seelen betonte, dass die EAM auf künftig weitgehend eigenständig operieren werde. "Trotz eines neuen Mehrheitsaktionärs werden wir dies regionale Unternehmen selbstbewusst führen", sagte er. Das könne sogar soweit gehen, dass die EAM ihren Strombedarf künftig über den freien Markt decke.

 

Aktionäre stärken Eon den Rücken

 

Essen. Europas zweitgrößter Stromkonzern Eon wirft im Ringen um eine Ministererlaubnis zur Ruhrgas-Übernahme die Argumente Versorgungssicherheit und Arbeitsplätze in die politische Waagschale. Es komme darauf an, "ob die gesamtwirtschaftlichen Vorteile unseres Vorhabens die Wettbewerbsbedingungen des Kartellamtes überwiegen", sagte der Vorstandschef Ulrich Hartmann auf der Hauptversammlung der Eon AG am Dienstag in Essen. Der Zusammenschluss verbessere die Sicherheit der deutschen Energiewirtschaft. Bereits heute müssten 80 Prozent des deutschen Gasbedarfs importiert werden. Der führende deutsche Gasimporteur Ruhrgas könne mit Hilfe von Eon die erforderlichen Investitionen in Produktion und Pipelines stemmen.

Eon bekam von Aktionärsschützern Rückendeckung für die Strategie, den früheren Mischkonzern ganz auf Energie auszurichten. Seit der Fusion von Veba und Viag zu Eon vor zwei Jahren habe der Düsseldorfe Konzern 29 Milliarden Euro mit Unternehmensverkäufen erläst. Zum 1. Juli trenne sich Eon endgültig von Veba Oel durch den Verkauf von 49 Prozent für 5,2 Milliarden Euro an die britische BP, die bereits 51 Prozent hält.

Vor der Gruga-Halle demonstrierte Greenpeace. Die Umweltschützer werfen Eon vor, mit Strom aus osteuropäischen Kernkraftwerken Geld zu verdienen. (DPA)

 

Operativer Gewinn auf Rekordhöhe

 

Kassel / Göttingen. Die Kasseler Energie-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM) hat im vergangenen Jahr als Konzern das beste operative Ergebnis sei der Gründung des Unternehmens vor 73 Jahren erwirtschaftete. Es stieg um ... Prozent auf 99,3 Millionen Euro. Gleichzeitig erhöhte sich der Umsatz um 13,6 Prozent auf 924,8 Mio. Euro. Dagegen ging der Jahresüberschuss vor allem wegen gestiegener Einmalaufwendungen für Pensionsverpflichtungen um 33,4 Prozent auf 42,6 Mio Euro zurück.

Davon gehen knapp 19,3 Millionen in die Rücklage sowie 3,6 Mio. Euro an andere Gesellschafter, so dass der verbleibende Bilanzgewinn von 19,6 Mio Euro als Dividende ausgeschüttet wird. Das entspricht 32 Prozent auf das Stammkapital von bislang 61,4 Mio Euro. Ein direkter Vergleich mit dem Vorjahr ist nicht möglich, da es für 2001 eine Sonderausschüttung gab.

Der Stromabsatz der EAM stieg leicht um 0,7 Prozent auf 9,88 Milliarden Kilowattstunden, wobei es bei den industriellen und gewerblichen Abnehmerns einen leichten und im privaten Bereich eine spürbaren Mehrabsatz gegeben hat. Auch die Vertriebsparten, die weiterverteilenden Stadtwerke, nahmen 2001 etwas mehr Strom ab als im Vorjahr.

Die EAM beschäftigte zum Jahresende 1459 Mitarbeiter im Konzern, davon 1339 in der ... Zum Konzern gehören neben der Muttergesellschaft unter anderem die Erdgas Mitteldeutschland GmbH (egm/Kassel), an der die EAM 74 Prozent hält, sowie die Stadtwerke Gelnhausen (100 Prozent)

wenigen Tagen bekamen etliche Politiker in der Region unliebsame Post. Auch Dr. Udo Schlitzberger (SPD), Landrat des Landkreises Kassel. Die Staatsanwaltschaft informierte am 20. September, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Der Tatvorwurf wiegt schwer: Vorteilsnahme im Amt und Untreue.

Es geht um eine Reise nach Venedig im Jahr 2001, zu der die damalige Elektrizitäts Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM) eingeladen hatte. Dort sollten sich die Aufsichtsratsmitglieder der EAM eine Trockenstabilatanlage ansehen. Das tat man auch - eineinhalb Stunden lang. Die Reise, bei der die Politiker von den Ehefrauen begleitet wurden, dauerte drei Tage.
Gestern nun war dieser Ausflug in die Lagunenstadt Thema im Kasseler Landratsamt. Denn wir wollten wissen: Was taten Schlitzberger und Kollegen wirklich in Venedig? Wer war mit? Wer zahlte für die Frauen? Wie sah das Kulturprogramm aus?

Erklärung nach Stunden

Nach einigen Stunden hatte sich der Landrat zu einer Erklärung durchgerungen. Es habe Fachgespräche in Italien gegeben und einen Empfang im Rathaus. Der letzte Satz der Stellungnahme: "Landrat Dr. Schlitzberger geht davon aus, dass die Organisation und die Abrechnung der Informationsreise vom einladenden Vorstand der EAM ordnungsgemäß nach Recht und Gesetz abgewickelt wurden."

Von den betroffenen Politikern, die gestern zu erreichen waren, gaben sich auch andere wortkarg. Dieter Brosey (SPD), ehemaliger Landrat des Werra-Meißner-Kreises, bestätigte seine Teilnahme an der Reise, wollte aber keine weitere Stellungnahme abgeben.

"Keine Lustreise"

Der frühere Landrat des Schwalm-Eder-Kreises, Jürgen Hasheider, sagte, es habe sich keineswegs um eine Lustreise gehandelt. Als kommunale Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder der EAM habe man seinerzeit Interesse bekundet, sich die Trockenstabilatsanlage der Firma Herhof-Umwelttechnik im venezianischen Vorort Fusina anzuschauen. Hintergrund seien die Pläne der inzwischen Pleite gegangenen Firma Herhof gewesen, auch im Kreis Hersfeld-Rotenburg eine solche Anlage zu bauen.
Laut Hasheider standen neben der Besichtigung des Werkes Gespräche mit Kommunalpolitikern und Firmen auf dem Programm – unter anderem auch während eines mehrstündigen Besuchs von Venedig. Hasheider betonte, dass die Ehefrauen ihren Anteil an den Reisekosten selbst getragen hätten.

"Keine Kenntnis"

Der ehemalige Göttinger Landrat Heinrich Rehbein (SPD) wollte die Ermittlungen gegen ihn nicht kommentieren. Offiziell habe er von dem Verfahren noch keine Kenntnis, sagte er. Auch der ehemalige Northeimer Oberkreisdirektor Ralf-Reiner Wiese, der Ende März 2001 sein Amt niedergelegt hat, aber noch bis zum Jahresende 2001 im Aufsichtsrat des Energieversorgers saß, war zu einer Stellungnahme nicht bereit.

Der Ende Oktober aus dem Amt scheidende Göttinger Oberbürgermeister Jürgen Danielowski (CDU) hat sich in einer kurzen Erklärung der Darstellung des Wetzlarer Landrats Karl Ihmels angeschlossen, dass es bei der Reise um die Besichtigung einer Trockenstabilatsanlage in der Nähe von Venedig gegangen sei. Es sei für ihn selbstverständlich gewesen, sich kundig zu machen, in welche Umwelttechnik die EAM sich finanziell so stark engagiere. Das touristische Programm am zweiten Tag der Reise sei nach seiner Erinnerung nicht aufwändig gewesen.

Der Oberbürgermeister, der bis zu seinem Amtsantritt im Jahr 2000 Oberstaatsanwalt im thüringischen Mühlhausen war, räumte aber ein, dass man die Teilnahme daran aus heutiger Sicht problematisieren könne. (tho/wet/kle/ows)

Hintergrund
Arbeitnehmer wussten nichts

 

Von der Reise nach Venedig hätten die Arbeitnehmervertreter nichts gewusst. Dementsprechend sei auch keiner dabei gewesen, sagt der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Klaus-Ulrich Gielsdorf aus Schwalmstadt. Gielsdorf ist Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats von E.ON-Mitte und saß schon 2001, als die Reise stattfand, im EAM-Aufsichtsrat.

Hat es weitere, ähnliche Reisen gegeben? Das wisse er nicht, sagt Gielsdorf. Die Arbeitnehmer würden zu solchen Reisen nicht eingeladen. Darauf lege er aber auch keine Wert. Bei etwaigen Einladungen reagiere man defensiv. Gielsdorf: "Es zeigt sich, dass ich damit Techt habe." (tho)