FREIBURG.
Den Kommunen in Deutschland droht eine neue Kostenlawine.
Bisher konnten sie Steuern sparen, indem die Gewinne von Stadtwerken
mit Verlusten des öffentlichen Nahverkehrs niedrig gerechnet
wurden. Dieser "steuerliche Querverbund" dürfte
bald nicht mehr zulässig sein. Heute verhandelt der Bundesfinanzhof über
diese Frage, und es zeichnet sich eine Entscheidung gegen die
Interessen der Kommunen ab.
Im
konkreten Fall ist die 13.000-Einwohner-Stadt Bedburg-Hau am
Niederrhein betroffen. Sie hat die Verluste einer Hallenbad-GmbH
in einer Holding
mit den Gewinnen einer städtischen Gesellschaft verrechnet,
die Grundstücke vermarktet. Unter dem Strich blieb ein Verlust,
und die Stadt Bedburg-Hau als alleinige Gesellschafterin der Holding
musste keine Steuern zahlen.
Das
wollte das Finanzamt Kleve nicht akzeptieren, obwohl solche Steuerverbünde
landauf, landab üblich sind. Die Kommune klagte dagegen, verlor
aber beim Finanzgericht Düsseldorf. Inzwischen zeichnet sich
auch in der obersten Instanz, beim Bundesfinanzhof, eine Niederlage
ab. Im schriftlichen Verfahren erließ der Gerichtshof einen
Bescheid, wonach die Kommune Steuern zahlen muss. Daraufhin beantragte
Bedburg-Hau eine mündliche Verhandlung, die heute in München
stattfindet. Doch fast immer bestätigt das Gericht seine
schriftlichen Bescheide.
Der
Finanzhof erkennt die steuerliche Verrechnung von Gewinnen und
Verlusten nicht an, weil der steuerliche Querverbund eine "verdeckte
Gewinnausschüttung" an die Gemeinde darstelle. Das Hallenbad
sei schon immer defizitär gewesen und werde auch in Zukunft
Verluste machen. Deshalb würde ein "ordentlicher und gewissenhafter" Holding-Geschäftsleiter
solche Verluste, die eigentlich die Stadt tragen muss, nicht ständig
ausgleichen, so der Bundesfinanzhof.
Wenn
der Prozess wie erwartet endet, müsste Bedburg-Hau jährlich
80.000 Euro mehr an Steuern zahlen. Das Hallenbad, das ohnehin jährlich
250.000 Euro Defizit macht, wäre dann bedroht. Bundesweit dürften
die Mehrkosten für die Kommunen hunderte von Millionen Euro
ausmachen. Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund
sieht bereits die "Finanzierung einer leistungsstarken kommunalen
Infrastruktur in Frage gestellt".
In
Bedburg-Hau hofft man deshalb auf schnelle Hilfe durch den Gesetzgeber. "Die
kommunalen Querverbünde dürfen nicht wie normale privatwirtschaftliche
Gesellschaften behandelt werden", fordert Bauamtsleiter Leo
Schonhoven. Die Kommunalverbände halten sich mit Forderungen
noch zurück und wollen erst das Urteil abwarten, das in rund
vier Wochen erwartet wird. Auf Länderebene befasst sich schon
seit Jahren ein Arbeitskreis mit der Frage. Dass der steuerliche
Querverbund wackelt, ist seit längerem bekannt. Jetzt wird es
aber langsam ernst.
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