KASSEL. Im
November 2006 sollten die Weichen gestellt sein für
das künftige Verfahren um einen eventuellen weiteren Verkauf
der Kasseler Stadtwerke. Doch die politischen Entscheidungen stehen
noch immer aus. Das heikle Privatisierungs-Thema ist derzeit scheinbar
so tot wie der Kasseler Hauptfriedhof.
Im
Rathaus gab es gestern keine Stellungnahme zum Stand des angestrebten
Bieterverfahrens, das endlich konkrete Zahlen in die kontroverse
Debatte bringen soll. Die beiden großen Fraktionen im Stadtparlament
fassen das brisante Thema nur mit ganz spitzen Fingern an. Nachdem
die Gegner eines weiteren Verkaufs mobil gemacht haben, Beschäftigte
und Gewerkschaften auf drohende Verluste bei Arbeitsplätzen
und Aufträgen für Firmen in der Region hinweisen, sind
Kommunalpolitiker angesichts des Zorns vieler Bürger und Wähler
sehr vorsichtig geworden. Motto: Wer sich zuerst bewegt, ist tot.
"Kein
Handlungsbedarf"
Aus
der Sicht der SPD-Fraktion gibt es "im Moment keinen Handlungsbedarf",
sagt Fraktionschef Uwe Frankenberger. Das Thema Werke-Verkauf sei
aber "nicht tot, es schläft nur". Weiterhin kann sich
die SPD einen Verkauf bis maximal 74,9 Prozent der Anteile vorstellen,
wenn die Wasserversorgung in städtischer Hand bleibt. Für
einen möglichen Verkauf liebäugeln die Sozialdemokraten
mit der Idee, dass sich kommunale Versorger zusammentun, um in einer
starken Gemeinschaft gegen die großen Konzerne bestehen zu
können. "Dafür habe ich große Sympathie",
so Frankenberger.
Vorsicht
auch bei der CDU, die ansonsten gern die Flagge der Privatisierung
voranträgt. Man sei nicht zwingend für einen Verkauf, aber
offen und könne sich vieles vorstellen, sagt Fraktionschefin
Eva Kühne-Hörmann. Die CDU will endlich konkrete Vorschläge
des Magistrats und konkrete Zahlen sehen, die man prüfen könne.
Auch
die FDP möchte laut Fraktionschef Frank Oberbrunner endlich
Fakten sehen, um beurteilen und entscheiden zu können.
Fest
geschlossen sind die Reihen der Gegner. Die Fraktion Linke.ASG
wird auch in der Stadtverordnetenversammlung
am kommenden Montag
nicht locker lassen, die bisher geheimen Transaktionen
ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Die Mehrheit des Stadtparlaments
will das Thema jedoch weiter hinter verschlossenen Türen und
unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandeln.
Alle
bisherigen Erfahrungen mit einer Privatisierung öffentlicher
Einrichtungen seien für die betroffenen Bürger negativ,
sagt Nuray Yildirim von AUF-Kassel: "Ein Investor will größtmöglichen
Profit erzielen."
Auch
die Bündnisgrünen im Rathaus sind strikt gegen einen
weiteren Verkauf und wollen durchsetzen, dass der Magistrat einen
Rückkauf des 24,9-Prozent-Anteils prüft, den der Vattenfall-Konzern
hält (siehe Hintergrund). Ein über diese Minderheitsbeteiligung
von 24,9 Prozent hinausgehender Verkauf der Stadtwerke wird von den
Grünen abgelehnt, so Wolfgang Friedrich.
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