Kassel. Kassel.
Die Stadtverwaltung braucht Strom, aber die Städtischen
Werke dürfen ihn nicht mehr liefern. Denn bei der jüngsten
Ausschreibung des städtischen Baumanagements zogen die Stadtwerke
den Kürzeren. Der Auftrag ging an die Braunschweiger Versorgungs-AG & Co.
KG. Jetzt haben die Stadtwerke, aber auch die Stadt selbst, das
Nachsehen. Denn der Umsatz, der den hiesigen Stadtwerken verloren
geht, schmälert die Konzessionsabgabe, die von den Werken
in die Stadtkasse fließt.
Einmal
mehr treibt das neue europaweite Vergaberecht groteske Blüten.
Bei dem ausgeschriebenen Los ging es um einen mehrjährigen Stromliefervertrag
mit einem Umsatz von rund 900 000 Euro. Die Braunschweiger waren
dem Vernehmen nach um gerade mal 2500 Euro günstiger - da war
der Auftrag für die Kasseler Stadtwerke weg.
Ans
Gesetz gebunden
"Wir
bedauern sehr, dass wir den Städtischen Werken nicht alle
Zuschläge erteilen konnten", sagt Stadt-Pressesprecherin
Petra Bohnenkamp. Aber die Verwaltung sei gezwungen, einen Auftrag
dieser Größenordnung europaweit auszuschreiben. "Und
wenn ein Angebot nur um einen Euro preiswerter ist, sind wir gezwungen,
das günstigere Angebot zu nehmen." Die Stadt habe großes
Interesse, Aufträge an die eigenen Stadtwerke zu geben, sei
aber als öffentliche Verwaltung strikt an das Gesetz gebunden.
Die
Städtischen Werke Kassel haben nach Angaben von Pressesprecher
Ingo Pijanka mit einer Beschwerde die zuständige Vergabestelle
angerufen. Zu Details macht Pijanka wegen des schwebenden Verfahrens
keine Angaben: "Die Sache ist noch bei der Schiedsstelle anhängig."
In Braunschweig weist der Sprecher des Versorgungsunternehmens,
Klaus Wolf, das Gerücht einer nicht ganz korrekten Preisgestaltung
zurück. Die speziell für Kassel gerechnete Kalkulation
sei nachprüfbar. Und im neu geschaffenen Wettbewerb sei es "gang
und gäbe, dass man Kunden gewinnt und Kunden verliert".
Der Braunschweiger Energieversorger habe jüngst zum Beispiel
selbst den Auftrag für die Stromversorgung der Ampeln in Braunschweig
an einen Anbieter außerhalb verloren.
Der
Kasseler Stadtverwaltung dürfte die strikt nach Recht und
Gesetz erfolgte Vergabe teurer zu stehen kommen. Dem Vernehmen nach
ist davon auszugehen, dass den eingesparten 2500 Euro ein weitaus
größerer Betrag gegenübersteht, auf den die Stadt
Kassel künftig verzichten muss. Denn auf den verkauften Strom
im Nettowert von etwa 680 000 Euro wird eine Konzessionsabgabe erhoben.
Sie fließt demnächst nicht mehr in die Kasseler,
sondern in die Braunschweiger Stadtkasse.
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