EU-Lobbyisten
sollen sich vom kommenden Frühjahr an auf einer Internetseite
der EU-Kommission registrieren lassen. Sie müssen ihre wichtigsten
Auftraggeber und die Honorare offen legen. Nur wer in der Liste
steht, darf sich weiterhin als offizieller Interessenvertreter
an Anhörungen oder Internetkonsultationen beteiligen. Andere
Sanktionsmöglichkeiten sieht die neue Regelung nicht vor.
Da aber die Konsultationen im Vorfeld von Gesetzesprojekten größen
Einfluss auf die EU-Gesetzgebung haben, dürfte es viele
Interessenvertreter überzeugen.
Der Lobbyistendschungel in Brüssel ist berüchtigt. Mehr
als 15.000 Interessenvertreter und Verbände werben um die Aufmerksamkeit
der Entscheidungsträger in Kommission, Rat und Parlament. Bei
einigen wie Greenpeace oder dem Europäischen Unternehmerverband
ist klar auszumachen, für wen sie arbeiten und für welche
politischen Ziele sie sich einsetzen. Bei anderen wechselt die Rolle
je nach Auftraggeber. Viele Einzelkämpfer sind als Journalisten
akkreditiert und arbeiten gleichzeitig für Firmen oder Verbände.
Sie werden sich wohl kaum auf der neuen Liste outen. Der zuständige
Kommissar Siim Kallas machte denn auch gestern deutlich, dass ihm
eine gesetzlich bindende Regelung lieber gewesen wäre. Doch
eine Analyse zeigte, dass die Gesetze in den einzelnen Mitgliedsstaaten
zu stark voneinander abweichen. Nur in Polen und Litauen gibt es
eine Registrierungspflicht für Lobbyisten. "Wir müssten
also eine sehr komplizierte Verflechtung von nationalem Recht und
Gemeinschaftsrecht hinbekommen. Das wäre in der Amtszeit dieser
Kommission nicht mehr zu schaffen", bedauert Kallas.
Im
Frühjahr 2009 soll überprüft werden, ob die freiwillige
Registrierung funktioniert. Sollte sich der Dschungel bis dahin nicht
gelichtet haben, müsste nach der nächsten Europawahl
ein Gesetz eingebracht werden. Die EU-Kommission erwartet, dass
Parlament
und Rat ebenfalls ein Register anlegen.
Problemfälle gibt es mehr als genug. So deckte die Lobby-Kontrollorganisation
Corporate Euorpe Observatiory (CEO) auf, dass Etienne Davignon im
Vorstand des Energiekonzerns SUEZ sitzt, der in der Subsahara Geschäfte
mit Wasser- und Elektrizitätsversorgung und Müllbeseitigung
machen will. Gleichzeitig berät Davignon Entwicklungskommissar
Louis Michel - über die Rolle der Privatwirtschaft für
die wirtschaftliche Entwicklung im südlichen Afrika. Sanktionen
braucht er durch die neue Regelung nicht zu fürchten,
denn offiziell wirkt er an Konsultationen zur Gesetzgebung
gar nicht mit
Greenpeace
deckte kürzlich auf, dass drei Kommissionsmitarbeiter,
die an der Chemikaliengesetzgebung mitarbeiteten, vorher auf der
Gehaltsliste von Chemieunternehmen standen. Einer von ihnen arbeitet
nun beim Europäischen Chemieverband. Auch bei solchen Interessenvermischungen
hilft ein Register nicht - egal ob freiwillig oder gesetzlich vorgeschrieben. |