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Die
Pläne des Kasseler Bergbauriesen
K+S, über eine Pipeline von Neuhof nach Philippsthal Salzlauge
in die Werra zu leiten, sorgen in der Region für Aufregung.
Wir sprachen darüber mit dem Vorsitzenden der Bürgerinitiative "Rettet
die Werra", Frank Hix.
Welche
Folgen hätte die Salzeinleitung
für die Werra?
Frank
Hix:
Das
hätte für 700 bis
1000 Jahre verheerende Auswirkungen auf die Artenvielfalt und den
Bestand von Lebewesen und Pflanzen in der Werra, aber auch die
Auen sowie landwirtschaftliche Nutzflächen. Außerdem
sind negative Auswirkungen auf die Tourismusbranche zu befürchten. Im Übrigen würden dann nicht bloß 400
000 Kubikmeter in die Werra eingeleitet. Bereits jetzt
fallen 700 000 Kubikmeter
pro Jahr Haldenabwasser aus Neuhof an und nach der Haldenerweiterung
weitere 400 000 Kubikmeter. Wir reden hier also von einer zu
erwartenden Menge von etwa 1 100 000 Kubikmeter pro Jahr
aus Neuhof. K + S
betont, die Grenzwerte von 2500 Milligramm Salzlauge pro Liter
am Pegel Gerstungen einzuhalten.
Sind
die Werte zu hoch?
Hix:
Bereits jetzt wird aufgrund von Messungen von Gewässerexperten der
Grenzwert, der mehr als das 20-Fache eines normalen Süßwasserflusses
beträgt, nicht eingehalten. Auch aus dem Zwischenbericht zum
Pilotprojekt Werra Salzabwasser des Regierungspräsidiums vom
2.1.2006 geht hervor, dass der Grenzwert in wasserarmen Zeiten
bereits allein durch unkontrollierbare diffuse Einträge überschritten
wird.
Wie
kommt das?
Hix:
Das heißt, dass die zuvor in den
Plattendolomit verpresste Salzlauge wieder an die Oberfläche
drückt und in die Werra abfließt, wodurch der Grenzwert
bereits ohne zusätzliche Einleitung durch die Salzlaststeuerung überschritten
wird.
Wie
beurteilen Sie eine Aussage von Ex-Umweltminister Jürgen
Trittin, die Landesregierung könne die Genehmigung für
die Einleitung widerrufen?
Hix:
Diese Aussage ist richtig. K + S hat im Jahr 2003 lediglich eine
Genehmigung bis zum Jahr 2012
erhalten. In jedem Falle wäre es aber ohne Schadensersatzansprüche
von K + S möglich, dass das RP im Jahr 2013 keine weitere
Genehmigung erteilt.
Welche
Alternativen gebe es Ihrer Meinung nach zur Salzeinleitung? Welche
Umweltschäden wären durch
diese zu befürchten?
Hix:
Haldenabdeckung, Trennung von Steinsalz und Kalisalz bereits
im Erdreich, Pipeline an die Nordsee etc.
Es gibt für K + S, mit einem Jahresumsatz von drei Milliarden
Euro und 300 Millionen Euro Gewinn und zurzeit durch Einlagerung
von Sonderabfall genutzte leere Stollen, finanzierbare Alternativen.
Diese sind jedoch weder von K + S noch vom RP ernsthaft und mit
Zahlen unterlegt dargestellt worden. Auch mit diesen Lösungen
könnten Eingriffe in die Natur verbunden sein. Ohne die Alternativen
jedoch wirklich ernsthaft geprüft zu haben, kann natürlich
auch keine Abwägung der Umweltverträglichkeit vorgenommen
werden.
Angenommen,
die K+S-Pläne würden gestoppt. Würde
sich die Werra erholen? Wird die Salzeinleitung überbewertet?
Hix:
Die Werra würde sich, wie mehrjährige Untersuchungen
von Gewässerexperten an der oberen Werra zeigen, durch ihre
Selbstreinigungskraft ganz sicher nach und nach erholen. Die Salzeinleitung
jedoch verhindert, dass sich der Fluss von Einträgen kommunaler
Abwässer und landwirtschaftlich anfallender Produkte selbst
reinigen kann.
Die
Lager, in denen K+S Salzwasser unterirdisch verpresst, sind nach
Firmenangaben bald voll. Werden deshalb nicht
vollendete Tatsachen geschaffen, was die
Pipeline betrifft?
Hix:
K + S ist bei der Genehmigung der Haldenerweiterung in Neuhof
im
Jahr 2003, in der die Firma und das RP
von einer gesicherten Versenkung für eine Dauer von etwa 45 Jahren ausgegangen sind, dazu verpflichtet
worden, Salzlauge vorrangig aus dem Werk Neuhof zum Werk Werra
in die Werra einzuleiten. Wenn der Grenzwert allein durch die diffusen
Einträge überschritten wird und die Salzlauge aus Neuhof
in vollem Umfang hinzukommen sollte, was in Anbetracht des nicht
mehr vorhandenen Versenkvolumens im Falle des Pipelinebaus zu erwarten
wäre, müsste das Werk Werra die Produktion bis hin zur
Stilllegung reduzieren. Das kann zur Folge haben, dass die Arbeitsplätze
der Kalikumpel im Werk Werra gerade durch die Pipeline gefährdet
sind.
Ihre
persönliche Einschätzung: Kommt die Pipeline?
Hix:
Sollte sie kommen, wäre das ein irreparabler Schaden
für die Demokratie.
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