Wenn
es etwas umsonst gibt, lässt sich Schrott leichter an den
Mann oder die Frau bringen; so funktionieren Kaffeefahrten, so
funktioniert Freibier. Und so hofft der Kämmerer der Stadt
Kassel, Barthel, endlich die Zustimmung einer Mehrheit des Stadtparlaments
zu gewinnen für das so genannte "strukturierte Bieterverfahren" für
einen "eventuellen" Verkauf weiterer Anteile der Städtischen
Werke Kassel. Mit bis zu 150.000 Euro will Vattenfall Europe,
seit dem Jahr 2000 Mitbesitzer eines 24,9-prozentigen Anteils
der Städtischen Werke AG, sich zur Hälfte (!) an den
Kosten der ersten Verfahrensstufe beteiligen.
In dieser
ersten Stufe sollen Kauf-Interessenten ihr Konzept für die
Stadtwerke vorstellen; "Konzeptwettbewerb" genannt,
damit es nicht gar so platt nach Versteigerung aussieht.
Gefasst machen
darf 'man' sich – d.h. wahrscheinlich wieder eine Runde
zum Stillschweigen verpflichteter Eingeweihter - auf buntige
Power-Point-Präsentationen, mit flockigen Versprechungen
auf einen wachsenden Anteil erneuerbaren Energien, vorläufigen
Erhalt der Arbeitsplätze, vielleicht auch auf ein bißchen
Kultur- und Sportsponsoring. Hier wird gewissermaßen die
Schleimspur für verunsicherte Stadtparlamentarier ausgelegt.
Als könnte das 'Konzept' eines Aufkäufers in irgendetwas
anderem bestehen, als das mit ständig steigenden Preisen
auf Strom und Gas 'sauer verdiente' Geld der Aktionäre dieser
Energiemonopolisten möglichst schnell zu mehr Geld zu machen.
In der zweiten
Stufe, der "Vermarktungsphase" machen ausgesuchte Bewerber
konkrete Angebote zum Kaufpreis. In der dritten Stufe schließlich
fällt der Hammer für das "attraktivste" Angebot.
Unschwer sich
vorzustellen, dass dieses "attraktivste" Angebot von
EON kommen wird. Kassel liegt entsprechend der - völlig
unabgesprochenen - Aufteilung Deutschlands unter den großen
Energieversorgungs-Monopolen (EON, RWE, Vattenfall und EnBW)
sowieso im 'Besatzungsgebiet' von EON.
"Sind
Konzepte oder gebotene Summen nicht befriedigend, kann das Verfahren
jederzeit abgebrochen werden." - Wer entscheidet nun über
den Grad der "Befriedigung"?
Ganz gewiss
nicht die Bürgerinnen und Bürger, die in Zukunft die
Gewinnerwartungen des Aufkäufers zu befriedigen haben.
Ganz gewiß nicht die Beschäftigten der Städtischen Werke, die
'irgendwie' die Finanzierung der KVG sicherstellen müssen, auch wenn noch
mehr Gewinn als schon bisher an den Aufkäufer abgeführt werden muss.
Und auch nicht die mittelständischen Unternehmen, die bislang jährlich
mit Aufträgen von etwa 40 Millionen Euro von den Städtische Werken
Kassel rechnen konnten. Denn dass sich der Aufkäufer mit Investitionen
für den Erhalt der Leitungsnetze überschlägt, ist eher unwahrscheinlich;
das kostet nämlich echtes Geld (bis zu 85 Prozent aller Ausgaben).
"Befriedigt" wird
Barthel sein, wenn er für ein oder zwei Jahre Geld in der
Hand hat, "befriedigt" auch diejenigen Kommunalpolitiker,
die nicht über ihre Wahlperioder hinausdenken. Der Landkreis
Kassel, seinerzeit hochbeglückt über den lukrativen
Verkauf der Mehrheit seiner Anteile an das Tochterunternehmen
von EON, die damalige EAM, hat heute höhere Schulden denn
je. Und auch die 55 Mio Euro aus dem Anteilsverkauf der Städtischen
Werke im Jahr 2000 sind im Haushalt der Stadt Kassel längst
spurlos versackt.
Schlau eingefädelt
hat die für Privatisierungen von kommunalem Eigentum berühmte
Bank Sal.Oppenheim die Versteigerung der Städtischen Werke
mit diesem "strukturierten Bieterverfahren". Denn so
hat wohl der nach Inhalt und Kosten geheime "Prüfauftrag" des
Magistrats im vorigen Jahr gelautet: Wie bringt man die Versteigerung
möglichst geräuschlos über die Bühne.
Wenn diese Bank mit der Durchführung des 300.000 Euro teuren Konzeptwettbewerbs
betraut wird, könnte das nicht wundern; schließlich nimmt man dort
für das läppische Honorar aus dem Prüfauftrag wohl kaum auch
nur den Telefonhörer ab. Was die noble Bank sich sonst noch an Verdienstmöglichkeiten
bei der Abwicklung eines Verkaufs der Städtischen Werke ausbedungen haben
mag – alles Verschlusssache.
Mit der geplanten
Versteigerung der Städtischen Werke gehen für die Stadt
und ihre Bürgerinnen nicht nur riesige Vermögenswerte
flöten, nicht nur Einfluss auf Qualität und Preis der öffentlichen
Dienstleistungen im Bereich Strom, Gas, Wasser und Fernwärme,
sondern auch das, was Demokratie ausmacht: Transparenz und Beteiligung.
" Die Interessen Dritter" sind Barthels stereotypes Argument, wenn
es schon im Vorfeld des Verkaufs darum ging, die Öffentlichkeit auszuschließen,
und einer handverlesenen und zum Stillschweigen verpflichteter Gruppe von Stadtparlamentariern
hinter verschlossenen Türen Zahlen und Einschätzungen vorzulegen. Was
davon der 'richtigen' Entscheidungsfindung dient, ist nicht kontrollierbar.
Für "die
Interessen Dritter" ist Barthel ein guter Sachwalter. Das
sollte man honorieren.
Veronika Baier, attac Regionalgruppe Kassel
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