"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

Kasseler Online-Zeitung 4.3.2007


Vattenfall sponsert Versteigerung
der Städtischen Werke Kassel

Mit bis zu 150 000 'geschenkten' Euro will Vattenfall das so genannte
" Strukturierte Bieterverfahren" für den weiteren Verkauf der Stadtwerke
in Schwung bringen.

- Eine Polemik -

 

Wenn es etwas umsonst gibt, lässt sich Schrott leichter an den Mann oder die Frau bringen; so funktionieren Kaffeefahrten, so funktioniert Freibier. Und so hofft der Kämmerer der Stadt Kassel, Barthel, endlich die Zustimmung einer Mehrheit des Stadtparlaments zu gewinnen für das so genannte "strukturierte Bieterverfahren" für einen "eventuellen" Verkauf weiterer Anteile der Städtischen Werke Kassel. Mit bis zu 150.000 Euro will Vattenfall Europe, seit dem Jahr 2000 Mitbesitzer eines 24,9-prozentigen Anteils der Städtischen Werke AG, sich zur Hälfte (!) an den Kosten der ersten Verfahrensstufe beteiligen.

In dieser ersten Stufe sollen Kauf-Interessenten ihr Konzept für die Stadtwerke vorstellen; "Konzeptwettbewerb" genannt, damit es nicht gar so platt nach Versteigerung aussieht.

Gefasst machen darf 'man' sich – d.h. wahrscheinlich wieder eine Runde zum Stillschweigen verpflichteter Eingeweihter - auf buntige Power-Point-Präsentationen, mit flockigen Versprechungen auf einen wachsenden Anteil erneuerbaren Energien, vorläufigen Erhalt der Arbeitsplätze, vielleicht auch auf ein bißchen Kultur- und Sportsponsoring. Hier wird gewissermaßen die Schleimspur für verunsicherte Stadtparlamentarier ausgelegt. Als könnte das 'Konzept' eines Aufkäufers in irgendetwas anderem bestehen, als das mit ständig steigenden Preisen auf Strom und Gas 'sauer verdiente' Geld der Aktionäre dieser Energiemonopolisten möglichst schnell zu mehr Geld zu machen.

In der zweiten Stufe, der "Vermarktungsphase" machen ausgesuchte Bewerber konkrete Angebote zum Kaufpreis. In der dritten Stufe schließlich fällt der Hammer für das "attraktivste" Angebot.

Unschwer sich vorzustellen, dass dieses "attraktivste" Angebot von EON kommen wird. Kassel liegt entsprechend der - völlig unabgesprochenen - Aufteilung Deutschlands unter den großen Energieversorgungs-Monopolen (EON, RWE, Vattenfall und EnBW) sowieso im 'Besatzungsgebiet' von EON.

"Sind Konzepte oder gebotene Summen nicht befriedigend, kann das Verfahren jederzeit abgebrochen werden." - Wer entscheidet nun über den Grad der "Befriedigung"?

Ganz gewiss nicht die Bürgerinnen und Bürger, die in Zukunft die Gewinnerwartungen des Aufkäufers zu befriedigen haben. Ganz gewiß nicht die Beschäftigten der Städtischen Werke, die 'irgendwie' die Finanzierung der KVG sicherstellen müssen, auch wenn noch mehr Gewinn als schon bisher an den Aufkäufer abgeführt werden muss. Und auch nicht die mittelständischen Unternehmen, die bislang jährlich mit Aufträgen von etwa 40 Millionen Euro von den Städtische Werken Kassel rechnen konnten. Denn dass sich der Aufkäufer mit Investitionen für den Erhalt der Leitungsnetze überschlägt, ist eher unwahrscheinlich; das kostet nämlich echtes Geld (bis zu 85 Prozent aller Ausgaben).

"Befriedigt" wird Barthel sein, wenn er für ein oder zwei Jahre Geld in der Hand hat, "befriedigt" auch diejenigen Kommunalpolitiker, die nicht über ihre Wahlperioder hinausdenken. Der Landkreis Kassel, seinerzeit hochbeglückt über den lukrativen Verkauf der Mehrheit seiner Anteile an das Tochterunternehmen von EON, die damalige EAM, hat heute höhere Schulden denn je. Und auch die 55 Mio Euro aus dem Anteilsverkauf der Städtischen Werke im Jahr 2000 sind im Haushalt der Stadt Kassel längst spurlos versackt.

Schlau eingefädelt hat die für Privatisierungen von kommunalem Eigentum berühmte Bank Sal.Oppenheim die Versteigerung der Städtischen Werke mit diesem "strukturierten Bieterverfahren". Denn so hat wohl der nach Inhalt und Kosten geheime "Prüfauftrag" des Magistrats im vorigen Jahr gelautet: Wie bringt man die Versteigerung möglichst geräuschlos über die Bühne.
Wenn diese Bank mit der Durchführung des 300.000 Euro teuren Konzeptwettbewerbs betraut wird, könnte das nicht wundern; schließlich nimmt man dort für das läppische Honorar aus dem Prüfauftrag wohl kaum auch nur den Telefonhörer ab. Was die noble Bank sich sonst noch an Verdienstmöglichkeiten bei der Abwicklung eines Verkaufs der Städtischen Werke ausbedungen haben mag – alles Verschlusssache.

Mit der geplanten Versteigerung der Städtischen Werke gehen für die Stadt und ihre Bürgerinnen nicht nur riesige Vermögenswerte flöten, nicht nur Einfluss auf Qualität und Preis der öffentlichen Dienstleistungen im Bereich Strom, Gas, Wasser und Fernwärme, sondern auch das, was Demokratie ausmacht: Transparenz und Beteiligung.
" Die Interessen Dritter" sind Barthels stereotypes Argument, wenn es schon im Vorfeld des Verkaufs darum ging, die Öffentlichkeit auszuschließen, und einer handverlesenen und zum Stillschweigen verpflichteter Gruppe von Stadtparlamentariern hinter verschlossenen Türen Zahlen und Einschätzungen vorzulegen. Was davon der 'richtigen' Entscheidungsfindung dient, ist nicht kontrollierbar.

Für "die Interessen Dritter" ist Barthel ein guter Sachwalter. Das sollte man honorieren.


Veronika Baier, attac Regionalgruppe Kassel