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Noch
keine drei Wochen ist es her, dass Kassels Oberbürgermeister
Hilgen (SPD) mit gehörigem Pathos an die Verantwortung der
Kommunalpolitiker/innen für die Zukunft der Städtischen
Werke appellierte.
Mit einem "Strukturierten Bieterverfahren" könnten
Interessenten und Preis für einen "eventuellen" Verkauf
weiterer Anteile der Städtischen Werke ermittelt werden. Gesponsert
vom Miteigentümer Vattenfall sollte die Durchführung
dieses Bieterverfahrens "europaweit ausgeschrieben" werden – für
schlappe 300 000 Euro (Gewinner dieser Ausschreibung vermutlich
das für seine Privatisierungen berüchtigte Bankhaus Sal.Oppenheim,
das von dem Gespann Hilgen/Barthel schon mit der "Prüfung" der
Verkaufsprozedur beauftragt worden war).
In der Sitzung
des Stadtparlaments vom 3. September scheiterte der Antrag des
Oberbürgermeisters an einer bizarren Koalition
der Unwilligen von CDU, Grünen, Kasseler Linken, AUF und FWG.
Hinterher gab es Andeutungen, dass bei einem entsprechenden Auftrag
durch den Magistrat die Städtischen Werke selbst auf Käufersuche
gehen könnten.
Nachdem die
SPD-Fraktion im Kasseler Stadtparlament Hilgens Antrag noch am
3. September
wortgewaltig unterstützt hatte, nun das Überraschungs-Ei:
"Sozialdemokraten
in Stadt und Landkreis planen die lokale Energiewende"
Städte und Gemeinden im Umland (in der Lokalpresse liebevoll
als "Speckgürtel" bezeichnet) – bislang energieversorgt
durch E.ON - sollen bei den Kasseler Stadtwerken finanziell einsteigen.
Ziel: die Kasseler Stadtwerke würden einen großen Absatzmarkt
dazugewinnen. Weitere Ideen: Rückkauf der Versorgungsnetze
im Umland, die nach dem seinerzeitigen Verkauf an EAM mittlerweile
E.ON gehören, und Rückkauf des Vattenfall-Aktienpakets
an den Städtischen Werken Kassel mit Hilfe von "in der
Region verankerten Kreditinstituten" oder auch einem Bürgerfonds.
Zur Erinnerung:
Der Landkreis
Kassel hat vor wenigen Jahren mit SPD-Mehrheit seinen Anteil
an den
Versorgungsnetzen für angeblich gutes Geld an
die Tochter E.ON-Tochter EAM verschleudert und ist inzwischen noch
höher verschuldet als zuvor.
Führende Köpfe der Kasseler SPD waren gestern noch bereit,
die Städtischen Werke weiter zu verscherbeln zur angeblichen
Rettung der städtischen Finanzen.
Kern dieses
recht plötzlichen Meinungsumschwungs: frisches
Geld aus dem Umland und im Falle eines Bürgerfonds aus Bürgertaschen
soll an die Städtischen Werke Kassel fließen statt an
den Energiekonzern E.ON (passend zur gegenwärtigen Diskussion
um die Macht der Energiemonopole, zu deren Entstehung man ja auf
lokaler Ebene nicht unwesentlich beigetragen hat). - Was daran
schon eine Energiewende sein soll, ist erklärungsbedürftig.
Eine schlichte
Fortsetzung der rein betriebswirtschaftlich orientierten Denke
bei führenden Köpfen der Sozialdemokraten in Sachen öffentlicher
Daseinsvorsorge wird nicht einmal dazu reichen, die gegenwärtige
Attacke von E.ON abzuwehren, mit der Kampagne "E wie einfach" die
Privatkunden-Tarife der Stadtwerke jeweils um ein paar Cent zu
unterbieten.
Schließlich sind die Städtischen Werke bei Gas nur
Zwischenhändler, produzieren nur die Hälfte des Stroms
selbst und beziehen die andere Hälfte ganz konventionell über
den Stromhandel.
Wende im Sinn
von Mitsprache von Bürgerinnen und Bürgern
oder auch nur Transparenz bei der lokalen Energieversorgung? Bei
einer Aktiengesellschaft wie den Städtischen Werken nicht
vorgesehen.
Wenn die "lokale Energiewende" lediglich darin bestehen
sollte, dass bald Landtagswahlen in Hessen sind, dann wär's
ein faules Ei.
Aus
dem Geschäftsbericht
2006 der Städtischen Werke Kassel
Ertragslage
Ertragslage |
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Verteilung
Umsatzerlöse nach Sparten |
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2006 |
Vorjahr |
Veränderung |
|
Strom |
90.3
Mio EUR |
85,7
Mio EUR |
+5,4
% |
25,6
% |
Gas |
194,0
Mio EUR |
158,7
Mio EUR |
+22,2
% |
55,0
% |
Wasser |
22,7
Mio EUR |
23,0
Mio EUR |
-1,3
% |
6,5
% |
Energiedienst-leistungen |
7,9 Mio
EUR |
5,8
Mio EUR |
+36,2
% |
2,3
% |
Gesamt |
314,9
Mio EUR
|
273,2
Mio EUR
|
+15,3
%
|
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