"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

kassel-zeitung.de 22.9.2007


Überraschungs-Ei faules Ei?

Gestern noch stand die Versteigerung der Städtischen Werke Kassel
auf der Tagesordnung, heute der Aufruf zur lokalen Energiewende

 

 

 

 

 

 

 

 

Noch keine drei Wochen ist es her, dass Kassels Oberbürgermeister Hilgen (SPD) mit gehörigem Pathos an die Verantwortung der Kommunalpolitiker/innen für die Zukunft der Städtischen Werke appellierte.

Mit einem "Strukturierten Bieterverfahren" könnten Interessenten und Preis für einen "eventuellen" Verkauf weiterer Anteile der Städtischen Werke ermittelt werden. Gesponsert vom Miteigentümer Vattenfall sollte die Durchführung dieses Bieterverfahrens "europaweit ausgeschrieben" werden – für schlappe 300 000 Euro (Gewinner dieser Ausschreibung vermutlich das für seine Privatisierungen berüchtigte Bankhaus Sal.Oppenheim, das von dem Gespann Hilgen/Barthel schon mit der "Prüfung" der Verkaufsprozedur beauftragt worden war).

In der Sitzung des Stadtparlaments vom 3. September scheiterte der Antrag des Oberbürgermeisters an einer bizarren Koalition der Unwilligen von CDU, Grünen, Kasseler Linken, AUF und FWG.
Hinterher gab es Andeutungen, dass bei einem entsprechenden Auftrag durch den Magistrat die Städtischen Werke selbst auf Käufersuche gehen könnten.

Nachdem die SPD-Fraktion im Kasseler Stadtparlament Hilgens Antrag noch am 3. September wortgewaltig unterstützt hatte, nun das Überraschungs-Ei:

"Sozialdemokraten in Stadt und Landkreis planen die lokale Energiewende"

Städte und Gemeinden im Umland (in der Lokalpresse liebevoll als "Speckgürtel" bezeichnet) – bislang energieversorgt durch E.ON - sollen bei den Kasseler Stadtwerken finanziell einsteigen.
Ziel: die Kasseler Stadtwerke würden einen großen Absatzmarkt dazugewinnen. Weitere Ideen: Rückkauf der Versorgungsnetze im Umland, die nach dem seinerzeitigen Verkauf an EAM mittlerweile E.ON gehören, und Rückkauf des Vattenfall-Aktienpakets an den Städtischen Werken Kassel mit Hilfe von "in der Region verankerten Kreditinstituten" oder auch einem Bürgerfonds.

Zur Erinnerung:

Der Landkreis Kassel hat vor wenigen Jahren mit SPD-Mehrheit seinen Anteil an den Versorgungsnetzen für angeblich gutes Geld an die Tochter E.ON-Tochter EAM verschleudert und ist inzwischen noch höher verschuldet als zuvor.

Führende Köpfe der Kasseler SPD waren gestern noch bereit, die Städtischen Werke weiter zu verscherbeln zur angeblichen Rettung der städtischen Finanzen.

Kern dieses recht plötzlichen Meinungsumschwungs: frisches Geld aus dem Umland und im Falle eines Bürgerfonds aus Bürgertaschen soll an die Städtischen Werke Kassel fließen statt an den Energiekonzern E.ON (passend zur gegenwärtigen Diskussion um die Macht der Energiemonopole, zu deren Entstehung man ja auf lokaler Ebene nicht unwesentlich beigetragen hat). - Was daran schon eine Energiewende sein soll, ist erklärungsbedürftig.

Eine schlichte Fortsetzung der rein betriebswirtschaftlich orientierten Denke bei führenden Köpfen der Sozialdemokraten in Sachen öffentlicher Daseinsvorsorge wird nicht einmal dazu reichen, die gegenwärtige Attacke von E.ON abzuwehren, mit der Kampagne "E wie einfach" die Privatkunden-Tarife der Stadtwerke jeweils um ein paar Cent zu unterbieten.

Schließlich sind die Städtischen Werke bei Gas nur Zwischenhändler, produzieren nur die Hälfte des Stroms selbst und beziehen die andere Hälfte ganz konventionell über den Stromhandel.

Wende im Sinn von Mitsprache von Bürgerinnen und Bürgern oder auch nur Transparenz bei der lokalen Energieversorgung? Bei einer Aktiengesellschaft wie den Städtischen Werken nicht vorgesehen.

Wenn die "lokale Energiewende" lediglich darin bestehen sollte, dass bald Landtagswahlen in Hessen sind, dann wär's ein faules Ei.


Aus dem Geschäftsbericht 2006 der Städtischen Werke Kassel

Ertragslage

Ertragslage      
Verteilung Umsatzerlöse nach Sparten
 
2006
Vorjahr
Veränderung
 
Strom
90.3 Mio EUR
85,7 Mio EUR
+5,4 %
25,6 %
Gas
194,0 Mio EUR
158,7 Mio EUR
+22,2 %
55,0 %
Wasser
22,7 Mio EUR
23,0 Mio EUR
-1,3 %
6,5 %
Energiedienst-leistungen
7,9 Mio EUR
5,8 Mio EUR
+36,2 %
2,3 %

Gesamt

314,9 Mio EUR

273,2 Mio EUR

+15,3 %