"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 4.9.2007


Angebote nicht erwünscht

Stadtparlament lehnt Verfahren für Städtische Werke ab
nur SPD und FDP dafür

Von Peter Ketteritzsch

 

Widerstand: Die Gegner einer weiteren Privatisierung der
Städtischen Werke nahmen OB Hilgen und Stadtkämmerer
Barthel aufs Korn.

Foto: HNA, Koch

 

eigenes Foto

Kassel. Als gestern Abend nach knapp drei Stunden Diskussion feststand, dass es kein Bieterverfahren für die Städtischen Werke geben wird, war Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) alles andere als überrascht. Bereits seit Wochen stand fest, dass die Mehrheit der Stadtverordneten die gemeinsame Initiative mit dem für das Versorgungsunternehmen zuständigen Stadtkämmerer Dr. Jürgen Barthel (SPD) nicht mittragen würde.

Lediglich die Sozialdemokraten - manche von ihnen allerdings auch nur zähneknirschend - und die FDP sagten Ja zu dem Verfahren, mit dem ergründet werden sollte, ob es Interessenten für den Kauf weiterer Anteile an den Werken gibt.

Die CDU lehnte das ausdrücklich als persönliche Vorlage Hilgens deklarierte Papier ebenso ab wie die Bündnisgrünen, die FWG, die Linken und das Wahlbündnis AUF-Kassel. In der namentlichen Abstimmung votierten 36 Stadtverordnete mit Nein, 31 stimmten der Vorlage zu.

Trotz der Niederlage hat Hilgen gestern Abend ein Ziel erreicht: Er wollte eine öffentliche Debatte und eine öffentliche Abstimmung, um später dokumentieren zu können, wer sich in dieser Frage wie positioniert hat. In der phasenweise hitzig geführten Diskussion warb Hilgen noch einmal für ein "geordnetes, sauberes Verfahren". Alle Varianten und Optionen müssten auf den Tisch. Denn: "Die Risiken sind real." Als Motive für das Bieterverfahren nannte der OB die "tief greifenden Veränderungen auf dem Energiemarkt", aber auch die Tatsache, dass Werke-Minderheitsgesellschafter Vattenfall seine Beteiligung neu ordnen wolle. CDU-Fraktionschefin Eva Kühne-Hörmann warf Hilgen vor, die Bevölkerung zu verunsichern und dem Unternehmen Schaden zuzufügen. "Wer strengt denn ein Bieterverfahren an, wenn man nicht verkaufen will?", fragte die Landtagsabgeordnete.

Es gehe nicht um einen Verkauf, entgegnete ihr SPD-Pendant Uwe Frankenberger. Er lobte "den Mut des Oberbürgermeisters, den Bürgern eine Bestandsaufnahme zu präsentieren, wie es um die Städtischen Werke bestellt ist". Uneinsichtigkeit und "Angst, Wähler zu verlieren", attestierte der FDP-Fraktionsvorsitzende Frank Oberbrunner den Gegnern des Bieterverfahrens. Diesen zu unterstellen, sie handelten nach dem Motto "Augen zu und durch" sei eine Unverschämtheit, so Wolfgang Friedrich von den Bündnisgrünen an die Adresse des Oberbürgermeisters. Hilgen wolle die Verkaufsoption nicht prüfen, sondern sie verwirklichen.

Für die Kasseler Linken sprach Kai Boeddinghaus von einem "versteckten Verkaufsverfahren". Hilgens Papier nannte er eine "Vorlage der Schwäche und Verantwortungslosigkeit".

 

 

 

 

 

 


Kommentar
Nur ein Aufschub?

von Peter Ketteritzsch

 

Wer gestern Abend die phasenweise hitzige Debatte verfolgte, konnte leicht den Eindruck gewinnen, die Stadtverordneten müssten wenig später über den Verkauf der Städtischen Werke entscheiden. Tatsächlich ging es um nicht mehr und nicht weniger als die Frage, ob sich die Stadt in einem geregelten Verfahren ein Bild von der Marktsituation sowie dem Preis machen darf, den sie bei einem Verkauf weiterer Anteile erzielen könnte. Dies ist jetzt nicht möglich. Doch auch wenn das Bieterverfahren verhindert wurde: Die Veränderungen auf dem Energiemarkt gehen weiter. Und so könnte der für die Städtischen Werke zuständige Kämmerer Barthel Recht behalten mit seiner am Rande der Sitzung geäußerten Prophezeiung, dass mit dem Nein der Stadtverordneten das Verfahren nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben wurde.