"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

junge Welt, 3.1.2008

Leipzig: Widerstand gegen Ausverkauf
Letzte Phase des Bürgerbegehrens gegen die Teilprivatisierung der Stadtwerke gestartet.
Abstimmung am 27. Januar

 

Von Rainer Balcerowiak

 

 

 

 

 

 

 

Mit stadtweiter Plakatierung wollen die Initiatoren des Bürgerentscheids die Leipziger Bevölkerung mobilisieren.
Die Leipziger Initiative »Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt« begann am Mittwoch mit einer Plakataktion die letzte Phase ihrer Kampagne für den Bürgerentscheid gegen die Teilprivatisierung der Leipziger Stadtwerke. Das erste Plakat wurde, verbunden mit einer kleinen Kundgebung, um 11 Uhr im Szeneviertel Südvorstadt aufgehängt. Insgesamt sollen in den nächsten Tagen 6000 Plakate in allen Stadtteilen an Lichtmasten angebracht werden, um zur Teilnahme an dem Plebiszit aufzurufen. Die Initiative hat mittlerweile viele prominente Unterstützer. Auf den Plakaten rufen unter anderem der Leipziger Kabarettist Gunter Böhnke sowie der ehemalige Rektor der Universität Leipzig und derzeitige Alterspräsident des Sächsischen Landtags, Cornelius Weiss (SPD), dazu auf, am 27. Januar mit Ja zu stimmen. Die Möglichkeit zur Briefwahl besteht bereits ab dem 7. Januar.

In der ersten Stufe des Bürgerbegehrens konnte die Initiative 42000 Unterschriften sammeln, doppelt so viel wie notwendig. Am 27. Januar müßte die Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer, aber mindestens 25 Prozent aller rund 415000 Wahlberechtigten der sächsischen Metropole, ihre Unterstützung bekunden. Dann wäre das Bürgervotum laut sächsischer Kommunalverfassung für drei Jahre bindend. Das heißt, in dieser Zeit dürften keine Anteile der Stadtwerke verkauft werden.

Die Fragestellung des Bürgerbegehrens ist eindeutig. Auf dem Stimmzettel steht: »Sind Sie dafür, daß die kommunalen Unternehmen und Betriebe der Stadt Leipzig, die der Daseinsvorsorge dienen, weiterhin zu 100 Prozent in kommunalem Eigentum verbleiben?« Ergänzend dazu heißt es: »Zu diesen Unternehmen und Betrieben zählen namentlich die Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH, die Stadtwerke Leipzig GmbH, die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH, die Klinikum St. Georg gGmbH, die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH, die Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH und der Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig.«

Auslöser der Bürgeraktivitäten waren die Privatisierungspläne der Rathausspitze und der Stadtratsmehrheit. Nach dem Willen des Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) sollen zunächst 49,9 Prozent der Leipziger Stadtwerke an den Konzern Gaz de France/ Suez verkauft werden. CDU und FDP drängen sogar darauf, weitere kommunale Betriebe an private Investoren zu verhökern. Während die Linke und die Grünen das Vorhaben geschlossen abgelehnt haben und das Bürgerbegehren unterstützen, gibt es in der SPD offenbar heftige Auseinandersetzungen. Zwar habe die Mehrheit der Stadtratsfraktion die Pläne unterstützt, in den meisten SPD-Basisgruppen gebe es aber heftigen Widerstand und auch gegenteilige Beschlüsse, so Mike Nagler, Sprecher der Initiative, am Mittwoch gegenüber jW. Sogar einzelne CDU-Mitglieder hätten sich an der Unterschriftensammlung beteiligt.

Nagler rechnet denn auch mit einem Erfolg beim Bürgerentscheid. Die Argumente des Oberbürgermeisters, der für die Ablehnung des Begehrens wirbt, seien nicht überzeugend. Jung verweist auf die hohen Zinslasten, die der Stadt durch den Schuldenberg von 900 Millionen Euro entstünden und die durch den geplanten Verkauf gesenkt werden könnten. Alle Erfahrungen bewiesen aber, daß Privatisierungen von Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge sowohl die Bürger als mittel- und langfristig auch den kommunalen Haushalt teuer zu stehen kämen, so Nagler. Ursache der hohen Verschuldung sei vielmehr die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen.