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Mit
stadtweiter Plakatierung wollen die Initiatoren des Bürgerentscheids
die Leipziger Bevölkerung mobilisieren.
Die Leipziger Initiative »Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt« begann
am Mittwoch mit einer Plakataktion die letzte Phase ihrer Kampagne
für den Bürgerentscheid gegen die Teilprivatisierung
der Leipziger Stadtwerke. Das erste Plakat wurde, verbunden mit
einer kleinen Kundgebung, um 11 Uhr im Szeneviertel Südvorstadt
aufgehängt. Insgesamt sollen in den nächsten Tagen 6000
Plakate in allen Stadtteilen an Lichtmasten angebracht werden,
um zur Teilnahme an dem Plebiszit aufzurufen. Die Initiative hat
mittlerweile viele prominente Unterstützer. Auf den Plakaten
rufen unter anderem der Leipziger Kabarettist Gunter Böhnke
sowie der ehemalige Rektor der Universität Leipzig und derzeitige
Alterspräsident des Sächsischen Landtags, Cornelius Weiss
(SPD), dazu auf, am 27. Januar mit Ja zu stimmen. Die Möglichkeit
zur Briefwahl besteht bereits ab dem 7. Januar.
In der ersten Stufe
des Bürgerbegehrens konnte die Initiative
42000 Unterschriften sammeln, doppelt so viel wie notwendig. Am
27. Januar müßte die Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer,
aber mindestens 25 Prozent aller rund 415000 Wahlberechtigten der
sächsischen Metropole, ihre Unterstützung bekunden. Dann
wäre das Bürgervotum laut sächsischer Kommunalverfassung
für drei Jahre bindend. Das heißt, in dieser Zeit dürften
keine Anteile der Stadtwerke verkauft werden.
Die Fragestellung des
Bürgerbegehrens ist eindeutig. Auf
dem Stimmzettel steht: »Sind Sie dafür, daß die
kommunalen Unternehmen und Betriebe der Stadt Leipzig, die der
Daseinsvorsorge dienen, weiterhin zu 100 Prozent in kommunalem
Eigentum verbleiben?« Ergänzend dazu heißt es: »Zu
diesen Unternehmen und Betrieben zählen namentlich die Leipziger
Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH, die Stadtwerke Leipzig
GmbH, die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH, die Klinikum
St. Georg gGmbH, die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH, die Kommunale
Wasserwerke Leipzig GmbH und der Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig.«
Auslöser der Bürgeraktivitäten waren die Privatisierungspläne
der Rathausspitze und der Stadtratsmehrheit. Nach dem Willen des
Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) sollen zunächst
49,9 Prozent der Leipziger Stadtwerke an den Konzern Gaz de France/
Suez verkauft werden. CDU und FDP drängen sogar darauf, weitere
kommunale Betriebe an private Investoren zu verhökern. Während
die Linke und die Grünen das Vorhaben geschlossen abgelehnt
haben und das Bürgerbegehren unterstützen, gibt es in
der SPD offenbar heftige Auseinandersetzungen. Zwar habe die Mehrheit
der Stadtratsfraktion die Pläne unterstützt, in den meisten
SPD-Basisgruppen gebe es aber heftigen Widerstand und auch gegenteilige
Beschlüsse, so Mike Nagler, Sprecher der Initiative, am Mittwoch
gegenüber jW. Sogar einzelne CDU-Mitglieder hätten sich
an der Unterschriftensammlung beteiligt.
Nagler rechnet denn
auch mit einem Erfolg beim Bürgerentscheid.
Die Argumente des Oberbürgermeisters, der für die Ablehnung
des Begehrens wirbt, seien nicht überzeugend. Jung verweist
auf die hohen Zinslasten, die der Stadt durch den Schuldenberg
von 900 Millionen Euro entstünden und die durch den geplanten
Verkauf gesenkt werden könnten. Alle Erfahrungen bewiesen
aber, daß Privatisierungen von Bereichen der öffentlichen
Daseinsvorsorge sowohl die Bürger als mittel- und langfristig
auch den kommunalen Haushalt teuer zu stehen kämen, so Nagler.
Ursache der hohen Verschuldung sei vielmehr die strukturelle Unterfinanzierung
der Kommunen.
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