Bundesjustizminiserin Brigitte Zypries (SPD) hat sich gegen die Privatisierung
wichtiger staatlicher Dienstleistungen ausgesprochen. Hier habe es
in der Vergangenheit viel Blauäugigkeit, viel Übereifer und
viele Enttäuschungen gegeben, sagte die Ministerin vor der gewerkschaftspolitischen
Arbeitstagung des Beamtenbundes dbb. Mit Fug und Recht könne man
sagen, „dass es mit der Privatisierungseuphorie nun vorbei ist“.
In
ihrer mit viel Beifall bedachten Grundsatzrede lehnte Zypries
einen Rückzug des Staates in eine bloße Gewährleistungsverantwortung
ab und äußerte sich auch skeptisch über das
Leitbild eines „schlanken Staates“. „Schlankheitswahn
ist nicht nur ein Problem junger Frauen, sondern auch von politischen
Ideologen.“ Zudem würden nach einer Privatisierung
oft die Arbeitsverhältnisse schlechter und die Preise
höher.
Zypries
kritisierte den Vorstoß einzelner Bundesländer,
Gefängnisse, soziale Dienste der Justiz oder die Aufgaben
von Gerichtsvollziehern und Rechtspflegern zu privatisieren. „Wer
an diesen Stellen durch eine Privatisierung kurzfristige Kostenvorteile
erzielen will, der gefährdet einen Standortvorteile unseres
Landes.“ Im Rechtsstaat habe auch der Schuldner gewisse
Rechte.
„Wenn
es um den Kernbereich hoheitlicher Tätigkeit geht, dann
bleibt für Privatisierung wenig Raum“, sagte Zypries.
Darüber hinaus gebe es aber sehr wohl Bereiche, wo sich
die Frage stelle, ob der Staat das machen müsse. Als Beispiel
führte die Ministerin Brauereien, Weingüter, Wohnungsgesellschaften,
Gestüte und Porzellanmanufakturen in staatlicher Hand
an.
Als
falsch bezeichnete Zypries die Vorstellung, Privatisierungen
würden die Normenflut eindämmen. „Wer glaubt,
mehr Privatisierung werde auch zu weniger Staat, Gesetzen und
zu weniger Paragrafen führen, der täuscht sich.“ Die
Friedrich-Ebert-Stiftung habe dokumentiert, dass sich wegen
der Privatisierung in der Telekommunikation die Zahl einschlägiger
Gesetze verdreifacht, die Zahl der Paragrafen sogar vervierfacht
habe. Grund dafür sei, dass der Staat die Spielregeln
setzen müsse, um Grundrechte, Daten, Verbraucher und Jugendliche
zu schützen.
Nach
der vom dbb in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage nimmt die Skepsis
der Bürger gegenüber Privatisierungen zu. Hätte
die staatliche Bürokratie ein besseres Image, würde
die Akzeptanz von Privatisierungen noch geringer werden, stellte
Forsa-Geschäftsführer Manfred Güllner fest.