"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 8.3.2008


Lecks sind in privaten Rohren

Oft kommen Abwässer gar nicht im öffentlichen Kanal an -
Eine neue Satzung nimmt die Eigentümer in die Pflicht

von Göran Gehlen

 

 

 

 

 

 

 

Kassel. Das öffentliche Kanalnetz in Kassel funktioniert, aber es geht ihm nicht unbedingt blendend. "Alles im Fluss", heißt das im Jargon von Uwe Neuschäfer, dem stellvertretenden Betriebsleiter des Kasseler Entwässerungsbetriebs (KEB).

Damit das so bleibt, wird zurzeit unter anderem in der Herkulesstraße der Kanal erneuert, in der Harleshäuser Straße sind ebenfalls die Bagger unterwegs. Doch das Problem liegt oft ein paar Meter daneben: "Ein Großteil der Zuleitungskanäle ist nicht dicht", sagt Neuschäfer.
So gelangen Abwässer in den Boden, obwohl der öffentliche Kanal kein Leck hat. Mit der neuen Abwassersatzung der Stadt soll sich dies ändern: Demnach müssen Wohnungs- und Hauseigentümer nachweisen, dass ihre Kanäle dicht sind. Ist dies nicht der Fall, müssen sie die Leitung erneuern oder reparieren.

Nach Angaben der KEB betragen allein die Baukosten je nach Sanierungsmethode etwa 300 Euro bis 900 Euro pro Meter. Der Entwässerungsbetrieb will den Eigentümern jedoch helfen, einen Teil der Summe zu sparen: So könnten öffentliche und private Maßnahmen kombiniert oder die Projekte mehrerer Hauseigentümer zusammen ausgeschrieben werden.

"Wir sind sicher, dass die Leute dadurch Geld sparen", sagt Neuschäfer. Eine größere Ausschreibung sei wirtschaftlicher. Pflicht ist die Teilnahme nicht. In jedem Fall müssen Eigentümer aber die Dichtheit des Kanals belegen.

Noch kein Zeitplan

Bis zu 50 000 Anschlüsse gibt es laut KEB in Kassel. Den Anfang soll ein Pilotprojekt machen. Wann der Entwässerungsbetrieb an welche Haustür klopft, steht noch nicht fest.
Denn Kanalbauprojekte werden oft mit anderen Arbeiten, zum Beispiel der Verlegung von Straßenbahnschienen, kombiniert.

Die Koordination der privaten Sanierungen wird den Entwässerungsbetrieb in Zukunft zusätzlich belasten. Denn die jährliche Investition von zwölf Millionen Euro ins öffentliche Netz muss beibehalten werden, um nicht in Verzug zu geraten.

Mit dem Geld saniert der KEB die Kanäle, die als Null bis Eins eingestuft sind. Dort müsse man sofort tätig werden. "Das wäre zum Beispiel ein Kanaleinsturz." Besser erhaltene Kanäle zu sanieren, sei nicht bezahlbar.

100 Jahre hält ein Kanal im Schnitt, 840 Kilometer versorgt der Entwässerungsbetrieb. "Rein rechnerisch müssen wir 8,4 Kilometer Kanal pro Jahr erneuern", sagt Neuschäfer. Um das auch in Zukunft zu gewährleisten, will der KEB sich nun Partner suchen.

 


Hintergrund
Grundlage ist eine EU-Richtlinie

 

Laut der neuen Abwassersatzung müssen Grundstückseigentümer nachweisen, dass ihr Kanal dicht ist. Eine Frist gibt es laut Kasseler Entwässerungsbetrieb aber dafür noch nicht. Angepeilt wird aber, dass bis 2015 alle privaten Kanäle überprüft werden sollen. Die Regelung geht auf eine Richtlinie der Europäischen Union zurück. Im neuen hessischen Wassergesetzt (HWG) hat der Gesetzgeber die Überwachungspflicht für Zuleitungen zum öffentlichen Kanal verankert. (gör)