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Die
Idee ist clever: Der Energieversorger kauft sich einen Anteil
an einem Stadtwerk, zahlt der Stadt etliche Euro und sichert
sich über diese Minderheitsbeteiligung jahrelang den Vertrieb
von Strom und Gas.
Denn
wer als Miteigentümer bei einem Stadtwerk am Tisch sitzt,
hat auch ein Wörtchen mitzureden, wo Strom und Gas eingekauft
werden.
So
simpel funktionierte die Vertriebsstrategie der Energieversorger
E.ON und RWE. Zusammen halten sie Beteiligungen an über 200
der bundesweit 900 Stadtwerke. Am Dienstag durchkreuzte der Bundesgerichtshof
(BGH) in Karlsruhe die Konzernstrategie von E.ON. "Zusätzliche
Beteiligungen würden den Wettbewerb weiter einschränken",
entschied der BGH (AZ.: KVR 60/07). 2003 hatte der Kasseler Regionalversorger
E.ON Mitte versucht, 33 Prozent an den Eschweger Stadtwerken (Werra-Meißner-Kreis)
für rund zehn Millionen Euro zu erwerben.
In
der Münchener Zentrale des Energiekonzerns wollte sich niemand
zu diesem Thema äußern. Stattdessen wurde darauf verwiesen,
dass zunächst die schriftliche Begründung des Urteils vorliegen
müsste. Zudem sei seit 2003 viel auf dem Energiemarkt passiert.
So habe E.ON bereits angeboten, ein Fünftel seiner Kraftwerkskapazität
(4800 Megawatt) und das Höchstspannungsnetz abzugeben. Zu möglichen
Interessenten äußerte sich der Unternehmenssprecher
nicht.
Die
Eschweger Stadtwerke GmbH prüft nun nach Angaben ihres Geschäftsführers
Markus Lecke, wie sie die Entnahme von 7,1 Millionen Euro im Vorgriff
auf die Beteiligung wieder zurückbekommt. Seinerzeit wurde damit
der Haushalt saniert. Es gebe nur eine Möglichkeit: "Die
Stadt Eschwege muss sich künftig bei Gewinnentnahmen zurückhalten." Zudem
plane das Unternehmen eine Kooperation mit drei weiteren
Energieversorgern aus der Region, um Kosten zu sparen.
An
der EGF Frankenberg ist E.ON Mitte zu 40 Prozent beteiligt, aber
nur bis zum 31. Dezember 2010. So habe es das Bundeskartellamt
seinerzeit
entschieden, sagte Karl-Heinz Schleiter, Geschäftsführer
der EGF. Wie es ab 2011 weitergeht, ist noch offen. Schleiter geht
davon aus, dass E.ON auch der künftige Partner der EGF sein
wird. Sollte sich durch dieses Urteil etwas ändern, werden verschiedene
Optionen geprüft. An einen Verkauf werde aber nicht gedacht,
eher an eine "Kooperation mit einem kommunalen Partner",
so Schleiter.
Ähnlich
argumentiert auch Andreas Helbig, Vorstandsvorsitzender der Städtischen Werke Kassel. Das Unternehmen sei für jede
Form von Zusammenarbeit offen, wenn dies von anderen Unternehmen
oder Kommunen gewünscht sei. "Das Gericht stärkt die
Bemühungen der Kommunen, die regionale Kooperation auf den Energiemärkten
auszubauen", so Helbig. Auswirkungen hat dieses Urteil vorerst
nicht, weder für die Stadtwerke noch für die Verbraucher. "Zu
kurzfristigen Strompreissenkungen wird es nicht kommen", sagte
Jörg Nothdurft, juristischer Vertreter der Kartellwächter
in Karlsruhe.
Dennoch:
Die Städte und Kreise müssen wohl künftig
auf eine mögliche Einnahmequelle wie Teilverkauf von Stadtwerken
verzichten. Denn zwei mögliche Interessenten scheiden mit E.ON
und RWE aus. "Derartige Entscheidungen sollten doch bei den
Kommunen liegen", kritisiert Jürgen Dieter, geschäftsführender
Direktor des hessischen Städtetags.
Beteiligungen
der E.ON in der Region
E.ON Mitte ist direkt oder indirekt über die Thüga
an verschiedenen Stadtwerken beteiligt: Die Harz Energie Gmbh
(52,6 Prozent Thüga) beliefert unter anderem die Stadt
Osterode, Stadtwerke Hersfeld (Thüga 25 Prozent), an die
Energie Waldeck Frankenberg GmbH in Korbach (Thüga 48,6
Prozent). Die Thüga ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen
von E.ON.
E.ON Mitte hält 48, 9 Prozent an den Göttinger Stadtwerken.
An den Stadtwerken Bebra hält der Regionalversorger aus
Kassel ein Fünftel. An der EGF Frankenberg ist E.ON
Mitte zu 40 Prozent beteiligt, aber nur bis zum 31. Dezember
2010.
(mwe)
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