"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 12.11.2008


Trübe Aussichten für E.ON

Bundesgerichtshof sieht "marktbeherrschende Stellung" des Energieriesen

Von Martina Wewetzer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Idee ist clever: Der Energieversorger kauft sich einen Anteil an einem Stadtwerk, zahlt der Stadt etliche Euro und sichert sich über diese Minderheitsbeteiligung jahrelang den Vertrieb von Strom und Gas.

Denn wer als Miteigentümer bei einem Stadtwerk am Tisch sitzt, hat auch ein Wörtchen mitzureden, wo Strom und Gas eingekauft werden.

So simpel funktionierte die Vertriebsstrategie der Energieversorger E.ON und RWE. Zusammen halten sie Beteiligungen an über 200 der bundesweit 900 Stadtwerke. Am Dienstag durchkreuzte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe die Konzernstrategie von E.ON. "Zusätzliche Beteiligungen würden den Wettbewerb weiter einschränken", entschied der BGH (AZ.: KVR 60/07). 2003 hatte der Kasseler Regionalversorger E.ON Mitte versucht, 33 Prozent an den Eschweger Stadtwerken (Werra-Meißner-Kreis) für rund zehn Millionen Euro zu erwerben.

In der Münchener Zentrale des Energiekonzerns wollte sich niemand zu diesem Thema äußern. Stattdessen wurde darauf verwiesen, dass zunächst die schriftliche Begründung des Urteils vorliegen müsste. Zudem sei seit 2003 viel auf dem Energiemarkt passiert. So habe E.ON bereits angeboten, ein Fünftel seiner Kraftwerkskapazität (4800 Megawatt) und das Höchstspannungsnetz abzugeben. Zu möglichen Interessenten äußerte sich der Unternehmenssprecher nicht.

Die Eschweger Stadtwerke GmbH prüft nun nach Angaben ihres Geschäftsführers Markus Lecke, wie sie die Entnahme von 7,1 Millionen Euro im Vorgriff auf die Beteiligung wieder zurückbekommt. Seinerzeit wurde damit der Haushalt saniert. Es gebe nur eine Möglichkeit: "Die Stadt Eschwege muss sich künftig bei Gewinnentnahmen zurückhalten." Zudem plane das Unternehmen eine Kooperation mit drei weiteren Energieversorgern aus der Region, um Kosten zu sparen.

An der EGF Frankenberg ist E.ON Mitte zu 40 Prozent beteiligt, aber nur bis zum 31. Dezember 2010. So habe es das Bundeskartellamt seinerzeit entschieden, sagte Karl-Heinz Schleiter, Geschäftsführer der EGF. Wie es ab 2011 weitergeht, ist noch offen. Schleiter geht davon aus, dass E.ON auch der künftige Partner der EGF sein wird. Sollte sich durch dieses Urteil etwas ändern, werden verschiedene Optionen geprüft. An einen Verkauf werde aber nicht gedacht, eher an eine "Kooperation mit einem kommunalen Partner", so Schleiter.

Ähnlich argumentiert auch Andreas Helbig, Vorstandsvorsitzender der Städtischen Werke Kassel. Das Unternehmen sei für jede Form von Zusammenarbeit offen, wenn dies von anderen Unternehmen oder Kommunen gewünscht sei. "Das Gericht stärkt die Bemühungen der Kommunen, die regionale Kooperation auf den Energiemärkten auszubauen", so Helbig. Auswirkungen hat dieses Urteil vorerst nicht, weder für die Stadtwerke noch für die Verbraucher. "Zu kurzfristigen Strompreissenkungen wird es nicht kommen", sagte Jörg Nothdurft, juristischer Vertreter der Kartellwächter in Karlsruhe.

Dennoch: Die Städte und Kreise müssen wohl künftig auf eine mögliche Einnahmequelle wie Teilverkauf von Stadtwerken verzichten. Denn zwei mögliche Interessenten scheiden mit E.ON und RWE aus. "Derartige Entscheidungen sollten doch bei den Kommunen liegen", kritisiert Jürgen Dieter, geschäftsführender Direktor des hessischen Städtetags.


Beteiligungen der E.ON in der Region

E.ON Mitte ist direkt oder indirekt über die Thüga an verschiedenen Stadtwerken beteiligt: Die Harz Energie Gmbh (52,6 Prozent Thüga) beliefert unter anderem die Stadt Osterode, Stadtwerke Hersfeld (Thüga 25 Prozent), an die Energie Waldeck Frankenberg GmbH in Korbach (Thüga 48,6 Prozent). Die Thüga ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen von E.ON.
E.ON Mitte hält 48, 9 Prozent an den Göttinger Stadtwerken. An den Stadtwerken Bebra hält der Regionalversorger aus Kassel ein Fünftel. An der EGF Frankenberg ist E.ON Mitte zu 40 Prozent beteiligt, aber nur bis zum 31. Dezember 2010. (mwe)