"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 29.10.2008


K+S investiert Millionen in Entlastung der Werra

Von Wolfgang Riek

 

 

Kassel. Der Kasseler Düngerkonzern K+S will nach Informationen der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) in den kommenden sieben Jahren bis zu 360 Millionen Euro investieren, um die Umweltprobleme aus der Produktion im hessisch-thüringischen Kalirevier deutlich zu entschärfen.

Die salzigen Abwässer aus den Kaliwerken in Heringen und Philippsthal (Landkreis Hersfeld-Rotenburg), Neuhof-Ellers bei Fulda sowie im thüringischen Unterbreizbach sollen nach Angaben des Unternehmens bis 2015 auf dann sieben Millionen Kubikmeter jährlich halbiert werden.

Damit will K+S vor allem Forderungen nach Entlastung von Werra und Weser entgegenkommen: "Wir übernehmen Verantwortung und gehen damit in Vorleistung", sagte K+S-Vorstandsvorsitzender Norbert Steiner unserer Zeitung: "Die Gewässerqualität von Werra und Weser wird sich weiter deutlich verbessern." Der bis 2012 geltende Chloridgrenzwert der Werra von 2500 Milligramm pro Liter, eine Marke aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs, soll nach K+S-Angaben mit Umstellungen in Produktion und Abfallbehandlung "schrittweise auf 1700 Milligramm" gesenkt werden können.

Hintergrund der Entscheidung, umfangreich in die hessisch-thüringischen Kaliwerke zu investieren, ist unter anderem auch steigender politischer Druck aus den Anrainerländern von Werra und Weser. Ein runder Tisch aus Vertretern von Behörden, Kommunen, Umweltschutzorganisationen aus Hessen, Thüringen, Niedersachsen und NRW entwickelt seit dem Frühjahr 2008 ein Maßnahmenpaket, um die Salzabfälle der Kalindustrie deutlich zu reduzieren.

Die am Dienstag vorgestellten technischen Neuerungen greifen Vorschläge des runden Tisches schon auf. Neben der Entlastung der Werra will das Kasseler Unternehmen will K+S auch die Versenkung von Abwässern in tiefe Gesteinsschichten "erheblich verringern". Rund eine Milliarde Kubikmeter von Lauge aus der Kalindustrie sind seit den 1920er-Jahren im hessisch-thüringischen Werragebiet versenkt worden. Seit langem ist allerdings bekannt, dass diese Lauge nach oben zurückkehrt. Nach Erkenntnissen des hessischen Umweltministeriums ist ein Drittel der versenkten Mengen bereits in höhergelegenen, grundwasserführenden Buntsandsteinschichten unterwegs.

Wiesbaden hat – das wurde der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen aus dem Umweltministerium bestätigt - dem Kasseler Unternehmen bereits angekündigt, dass die Versenkerlaubnis auf hessischem Gebiet über 2011 hinaus nicht verlängert werden soll.

 

Abwasserhahn kleiner gedreht
360-Mio.-Euro-Plan: Besserung für die salzige Werra
und Ausweg aus der Versenkungs-Sackgasse

 

Kassel. Halbierung der Salzabwasserfracht auf die Hälfte bis spätestens 2015 - damit Besserung für die hoch belasteten Flüsse Werra und Weser und eine "erhebliche" Verringerung der Versenkmengen, was mittelfristig wohl im kompletten Stopp dieses Entsorgungspfads enden dürfte: Diese Pflöcke hat der Vorstand des Kasseler K+S-Konzerns gestern eingeschlagen.

Das Investitionspaket von bis zu 360 Millionen Euro in den kommenden sieben Jahren ist laut K + S-Vorstandschef Norbert Steiner auch als "Vorleistung" an den runden Tisch zur Werraversalzung gepackt worden, also auch an die Kritiker der bisherigen K+S-Umweltpolitik.

Das Engagement, so Steiner gestern weiter, sei zudem das Signal für "eine langfristige Perspektive" der Standorte im hessisch-thüringischen Kalirevier. Die wichtigsten Bausteine des 360-Millionen Pakets:

  • Am Standort Hattorf bei Philippsthal soll ein weiterer "nasser" Produktionsprozess auf das trockene Esta-Verfahren umgestellt werden. Vorteil laut K+S: Der Salzwasseranfall schrumpft allein dadurch um 3,5 Millionen Kubikmeter jährlich. Das ist die Hälfte des gesamten Sparziels bis 2015. Nachteil: Die Menge des trockenen Abfallsalzes für die Halde wächst um eine Million Tonnen (Umsetzung bis 2012, Kosten: 60 Mio. Euro)
  • Ebenfalls in Hattorf will K+S über eine Tiefkühlung den Abwässern Kalium und Magnesium entziehen. Das macht die Fluten für die Werra chemisch "weicher" und kann als Strategie angesichts der kommenden Herabsetzung des Härte-Grenzwerts gelten (2011, 75 Mio. Euro).
  • Im Werk Wintershall (Heringen) will K+S die so genannte Kieserit-Flotation aufrüsten - und weitere 500 000 Kubikmeter Abwasser jährlich vermeiden (2011, 25 Mio. Euro).
    Sprung in Thüringen
  • Den technologisch größten Sprung (für 160 Mio. Euro) plant der Kasseler Düngerkonzern bis 2015 im thüringischen Unterbreizbach: Dort soll ein neues Gas- und Dampfkraftwerk entstehen, das die Abwässer der dortigen Produktion eindampft. Zwei Millionen Kubikmeter Magnesiumchlorid-Lösung im Jahr sollen auf die Häfte und in einen dickflüssigen Brei schrumpfen, der sicher verwahrt nach untertage zurück soll. Abraumhalden wie die westlichen Werke hat Unterbreizbach nie gehabt. Könnte der Werra und der strittigen thüringischen Versenkung bei Gerstungen Lauge komplett erspart werden, hätte Unterbreizbach im Vergleich die geringsten Entsorgungssorgen.
K+S-Chef Steiner: "Wir sind an die Grenzen des aus heutiger Sicht bis 2015 technisch Machbaren und des wirtschaftlich Vertretbaren gegangen."