Kassel. Die
Region hat in den kommenden drei Jahren die Chance, ein Stück
unabhängiger zu werden von großen Stromkonzernen.
Strom und Gas zu einem beträchtlichen Teil selbst zu erzeugen
und zu verteilen und damit die Preise für die Bürger
zu stabilisieren oder sogar senken zu können, ist eine verlockende
Aussicht. Auch für die Kasseler Stadtwerke, die für
das Vorhaben werben.
In
der Zeit von 2009 bis Ende 2011 laufen die Konzessionsverträge
der Städte und Gemeinden im Landkreis mit E.ON aus. Die Kommunen
könnten die Stromnetze jetzt vom Energieversorger E.ON Mitte
zurückkaufen, um sie dann in eigener Regie zu betreiben und
sich den direkten Einfluss auf Arbeit, Arbeitsplätze und Wertschöpfung
im Landkreis zu sichern. Denn angesichts der Milliardengewinne
des E.ON-Konzerns und der trotzdem stetig weitersteigenden Preise
für Strom und Gas stellen sich viele Kommunalpolitiker die
Frage, ob solche Renditegier für die Bürger künftig
noch bezahlbar bleibt.
Die
Städtische Werke AG würde die Kreiskommunen gern
als Partner für eine regionale Energieversorgung gewinnen. "Wir
haben kein Interesse, die Netze zu kaufen", sagt Vorstandschef
Andreas Helbig: "Aber wir würden gern die Arbeit machen." Zum
Beispiel die Netzkunden abrechnen. Denn das würden die Städte
und Gemeinden weder selbst leisten können, noch würde
sich ein solches Unterfangen lohnen. Für die komplexen Dienstleistungen
rund um die Energieversorgung ist ein erfahrener Partner nötig, "der
was auf der Pfanne hat", so Helbig.
Je
mehr Kommunen zur Neuordnung einer gemeinsamen Energieversorgung
bereit seien, "desto kostengünstiger wird das",
sagt der Kasseler Werke-Vorstand: "Und desto günstiger
werden die Strom- und Gaspreise für die Bürger."
Nach
einer Entscheidung über den Rückkauf der Netze könnte
in einem zweiten Schritt überlegt werden, die Eigenproduktion
zu intensivieren. Die Hälfte des in Kassel verbrauchten Stroms
wird schon jetzt von den Stadtwerken selbst hergestellt. Gemeinsam
mit dem Kreisbauernverband und dem Maschinenring Schwalm-Eder bauen
die Werke derzeit bei Homberg/ Efze Nordhessens größte
Biogasanlage, die ab Frühjahr 2009 ans Erdgasnetz gehen soll
und rund 1100 Haushalte mit Gas versorgen kann. Zwei weitere Anlagen
sind in Planung, bis zu zehn Biogasanlagen seien möglich,
so Helbig. Solardächer, Windkrafträder und Wasserkraftwerke
oder auch der Anbau von Energiepflanzen auf landwirtschaftlichen
Brachflächen seien weitere Produktionsmöglichkeiten,
die gemeinsam erschlossen werden könnten, wenn sich die Städte
und Gemeinden im Landkreis Kassel einig würden.
Helbig
verweist auf das in der Region vorhandene Wissen und Können,
zum Beispiel bei der Kasseler Universität mit ihrem agrarwissenschaftlichen
Standort Witzenhausen oder dem angesehenen Iset-Institut für
regenerative Energienutzung. "Wir haben die Intelligenz und
wir haben die Produktionsfaktoren", so der Stadtwerke-Chef. "Allein
- es fehlt noch der politische Wille", die Entscheidungs-
sowie Gestaltungsmöglichkeiten und auch die Gewinne künftig
in der Region zu lassen.
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