"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 10.9.2008


Werke wollen hoch hinaus

Energieversorgung in Nordhessen könnte auf neue Grundlage gestellt werden

Von Jörg Steinbach

 

 

 

 

 

 

 

Kassel. Die Region hat in den kommenden drei Jahren die Chance, ein Stück unabhängiger zu werden von großen Stromkonzernen. Strom und Gas zu einem beträchtlichen Teil selbst zu erzeugen und zu verteilen und damit die Preise für die Bürger zu stabilisieren oder sogar senken zu können, ist eine verlockende Aussicht. Auch für die Kasseler Stadtwerke, die für das Vorhaben werben.

In der Zeit von 2009 bis Ende 2011 laufen die Konzessionsverträge der Städte und Gemeinden im Landkreis mit E.ON aus. Die Kommunen könnten die Stromnetze jetzt vom Energieversorger E.ON Mitte zurückkaufen, um sie dann in eigener Regie zu betreiben und sich den direkten Einfluss auf Arbeit, Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Landkreis zu sichern. Denn angesichts der Milliardengewinne des E.ON-Konzerns und der trotzdem stetig weitersteigenden Preise für Strom und Gas stellen sich viele Kommunalpolitiker die Frage, ob solche Renditegier für die Bürger künftig noch bezahlbar bleibt.

Die Städtische Werke AG würde die Kreiskommunen gern als Partner für eine regionale Energieversorgung gewinnen. "Wir haben kein Interesse, die Netze zu kaufen", sagt Vorstandschef Andreas Helbig: "Aber wir würden gern die Arbeit machen." Zum Beispiel die Netzkunden abrechnen. Denn das würden die Städte und Gemeinden weder selbst leisten können, noch würde sich ein solches Unterfangen lohnen. Für die komplexen Dienstleistungen rund um die Energieversorgung ist ein erfahrener Partner nötig, "der was auf der Pfanne hat", so Helbig.

Je mehr Kommunen zur Neuordnung einer gemeinsamen Energieversorgung bereit seien, "desto kostengünstiger wird das", sagt der Kasseler Werke-Vorstand: "Und desto günstiger werden die Strom- und Gaspreise für die Bürger."

Nach einer Entscheidung über den Rückkauf der Netze könnte in einem zweiten Schritt überlegt werden, die Eigenproduktion zu intensivieren. Die Hälfte des in Kassel verbrauchten Stroms wird schon jetzt von den Stadtwerken selbst hergestellt. Gemeinsam mit dem Kreisbauernverband und dem Maschinenring Schwalm-Eder bauen die Werke derzeit bei Homberg/ Efze Nordhessens größte Biogasanlage, die ab Frühjahr 2009 ans Erdgasnetz gehen soll und rund 1100 Haushalte mit Gas versorgen kann. Zwei weitere Anlagen sind in Planung, bis zu zehn Biogasanlagen seien möglich, so Helbig. Solardächer, Windkrafträder und Wasserkraftwerke oder auch der Anbau von Energiepflanzen auf landwirtschaftlichen Brachflächen seien weitere Produktionsmöglichkeiten, die gemeinsam erschlossen werden könnten, wenn sich die Städte und Gemeinden im Landkreis Kassel einig würden.

Helbig verweist auf das in der Region vorhandene Wissen und Können, zum Beispiel bei der Kasseler Universität mit ihrem agrarwissenschaftlichen Standort Witzenhausen oder dem angesehenen Iset-Institut für regenerative Energienutzung. "Wir haben die Intelligenz und wir haben die Produktionsfaktoren", so der Stadtwerke-Chef. "Allein - es fehlt noch der politische Wille", die Entscheidungs- sowie Gestaltungsmöglichkeiten und auch die Gewinne künftig in der Region zu lassen.