Kassel. Kaum jemand bezweifelt noch, dass sich der schwedische Energiekonzern
Vattenfall von seiner 24,9-Prozent-Beteiligung an den Städtischen
Werken Kassel trennen will. Nach Informationen des Handelsblatts
stehen die Anteile bereits auf einer internen Verkaufsliste.
Warum
will Vattenfall seine Anteile an den Städtischen
Werken loswerden?
Vattenfall
braucht Geld. Der Konzern will groß in den Niederlanden
einkaufen und in mehreren Schritten den Energieversorger Nuon übernehmen.
Das Gesamtvolumen dafür soll bei etwa zehn Milliarden Euro
liegen. Außerdem fehlt Vattenfall die Perspektive in
Kassel. Im Jahr 2007 hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen,
keine
weiteren Anteile zu verkaufen.
Werfen
die Werke nicht mehr genug Gewinn ab?
Die
Erlöse der Städtischen Werke waren für Vattenfall
nie groß. Im Jahr 2007 haben die Werke einen Gewinn
von etwa 14,3 Millionen Euro gemacht. Vattenfall hat davon
etwa 3,5 Millionen
Euro bekommen. Für das Jahr 2008 sei mit einem ähnlichen
Gewinn zu rechnen. Mit 97 000 Haushalten in Kassel haben
die Werke einen soliden Kundenstamm. Zu günstigeren
Mitbewerbern seien zwei bis drei Prozent der Kunden gewechselt,
sagen die Werke. Diese
Verluste sind aber wohl ausgeglichen. Seitdem die Städtischen
Werke ihre Leistungen auch außerhalb Kassels anbieten,
hätten
sie etwa 12 000 Kunden dazugewonnen.
Hat
Vattenfall der Stadt Kassel die Anteile schon zum Rückkauf
angeboten?
Noch
sei der Verkauf nicht entschieden, sagt Vattenfall. Deswegen
seien auch keine Gespräche geführt worden. Über
einen Rückkauf müsste die Stadtverordnetenversammlung
entscheiden. Nach Grünen und Linken hat nun Dr. Bernd Hoppe,
Parteichef der Kasseler SPD, gefordert, die Chance zu nutzen und
auf Vattenfall zuzugehen, damit die Anteile zurück
in den Besitz der Stadt kommen.
Könnte
es sich die Stadt Kassel finanziell leisten, ihre Beteiligung
auf 100 Prozent aufzustocken?
Das
wird ein Rechenspiel. Noch hat Vattenfall keinen Preis genannt.
Im Gespräch ist eine Summe von 60 Millionen Euro, die die
Stadt nicht ohne Kraftanstrengung lockermachen könnte. Es
gibt aber Stimmen, die meinen, dass die Summe über die zusätzlichen
Gewinnanteile finanzierbar wäre. Die Grünen haben vorgeschlagen,
Gemeinden aus dem Landkreis mit einzubinden. Gegen einen Rückkauf
spricht sich die FDP aus. Um auf dem europaweiten Energiemarkt
zu bestehen, bräuchten die Städtischen Werke einen strategischen
Partner. Nun räche sich, dass die Stadt es 2006/2007 nicht
geschafft habe, ein strukturiertes Bieterverfahren einzuleiten,
an dessen Ende auch der Verkauf weiterer Anteile gestanden hätte,
meint die FDP.
Würden
die Kommunen im Landkreis bei einem Rückkauf
mit einsteigen?
Bereits
2007 gab es solche Gedankenspiele. Die Verträge zahlreicher
Kommunen über die Nutzung ihrer Netze mit
E.on Mitte laufen in den kommenden Jahren aus.
Angesichts der sich bietenden Gelegenheit
macht sich die Kreistagsfraktion der Grünen
nun dafür
stark, die Energieversorgung in Stadt und Kreis
unter einem gemeinsamen Dach neu zu ordnen. |