Kassel. „Die Stadtwerke Kassel sind in der Stadt gut. In
der Fläche können sie das nicht leisten, was wir als „Landwerk“ täglich
abarbeiten“, steckt e.on-Mitte-Chef Dr. Henrich Wilckens im
EXTRA TIP-Gespräch im nordhessischen Stromkrieg ganz klar
die Grenzen ab.
„Unsere Qualität ist die Verknüpfung aller kleinen
Netze, die es früher in Nordhessen gab“, erklärt
er weiter. Das Ergebnis dieser jahrzehntelangen Arbeit sieht er
in Gefahr. „Die Gemeinden glauben, dass sie jetzt das große
Geld verdienen können, wenn sie die Netze zurück kaufen.
Das ist gefährlich, denn das große Geld wird nicht kommen.
Die Durchleitungsentgelte, die die Kommunen kassieren wollen, werden
ständig sinken. In den nächsten zehn Jahren werden es
13,75 Prozent weniger sein. Das wird für Gemeinden, die sich
das Geld für den Rückkauf der Netze leihen müssen,
ein böses Erwachen.“
Unendlich viel Erfahrung haben die e.on-Mitarbeiter im Laufe der
Jahre gesammelt. „Wir haben ein intelligentes Netzwerk aufgebaut
und das wird gerade in den kommenden Jahren immer wichtiger werden,
denn die vielen kleinen Stromerzeuger machen die Arbeit immer schwieriger“,
sieht Wilckens auch auf das optimal abgestimmte e.on-Netz große
Probleme zukommen. „Da werden enorme Investitionen zu stemmen
sein. Kleinteilig geht dieses Geschäft gar nicht mehr. Da
kann es schnell passieren, dass Gemeinden anstelle erwarteter Gewinne
rote Zahlen schreiben.“
Überhaupt zahle e.on schon satte Konzessionsabgaben. 12 Millionen
Euro schütte man jährlich an die Kreise aus. Das Geld
lande zwar nicht direkt bei den Gemeinden, aber so werde dafür
gesorgt, dass die Kreisumlage nicht noch höher steige.
Auch
sei es nicht so, dass e.on allein bestimme, wo es hingeht: „Die
Kommunen, Landkreise und unsere Firma sind eine Schicksalsgemeinschaft.
Als kommunales Unternehmen gestartet, sind wir mittlerweile 80
Jahre alt. Und ich kann Ihnen verraten, die Landräte haben
unglaublich viel Mitbestimmungsrecht.“
Falsch
sei es auch, dass die Wertschöpfung aus der Region
abfließe. „Das Geld wird in der Region gehalten. Wir
beschäftigen fast nur Handwerker, die vor Ort sitzen.“
Außerdem arbeiten bei e.on-Mitte fast 1.200 Mitarbeiter.
Schließlich sei man gesetzlich verpflichtet, Leckagen in
kürzester Zeit zu beheben. Bezahlbar bleibe das nur, weil
man Mitarbeiter habe, die sich nicht nur mit dem Strom- sondern
auch mit dem Gasnetz auskennen.
Die
Entscheidung, ob das Strom- und ab 2013 auch das Gasnetz im e.on-Besitz
bleibe, falle in
den einzelnen Kommunen. „Sollten
sich die Städte und Gemeinden dazu entscheiden, uns das Netz
abzukaufen, können wir zwar noch einmal richtig viel Geld
kassieren, doch ohne die Konzessionen können wir nicht weiter
arbeiten“, weiß Wilkens genau.
„Die Grundversorgung mit Strom wird in Zukunft immer schwieriger“,
gibt er sich aber kämpferisch. „Und in der Fläche
kann das niemand so gut wie wir. Für Experimente ist dieser
Bereich viel zu sensibel.“
Im übrigen gebe es für die Kommunen die Möglichkeit,
sich an e.on zu beteiligen und so ebenfalls direkt vom Gewinn zu
profitieren.
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