10. Juni, 2009
An
die Geschäftsführung der Städtische
Werke AG
Sehr geehrter Herr Dr. Helbig,
mit
Bestürzung und großer Sorge haben wir zur Kenntnis
nehmen müssen, dass inzwischen 80 Prozent des Kasseler
Trinkwassers gechlort wird (Fakt,
Kundenmagazin KVV und Städtische
Werke, Ausgabe 03/2008, S.11), obwohl die Versorgung überwiegend
aus hochwertigsten Tiefbrunnen des Reinhardswaldgebiets erfolgt.
Erschreckend
bei diesem Vorgang ist, dass die Kasseler Bevölkerung über
diesen schwerwiegenden Eingriff in ein Grundnahrungsmittel
weder ausreichend informiert, noch eine Begründung dafür
geliefert wurde, warum vom bisher hochgehaltenen Grundsatz
abgewichen wird, der Bevölkerung ein weitestgehend unverändertes
Naturprodukt zur Verfügung zu stellen.
Aus
gutem Grund wird in Deutschland von einer Zwangsfluorisierung
abgesehen; aber auch eine Zwangschlorierung ist nicht weniger
bedenklich, da neben negativen geschmacklichen Veränderungen
die möglicherweise entstehenden Folgeprodukte aus
medizinischer Sicht problematisch sind.
Wir
befürchten, dass diese Zwangschlorierung bereits eine
Notmaßnahme darstellt in Folge eines verschlechterten
Zustands des Kasseler Leitungsnetzes, denn die Investitionen
in die Erhaltung und Erneuerung der Leitungsrohre liegen seit
Jahren unter den nötigen Kostenansätzen.
Da
in Kassel dieses Defizit wohl kaum auf zu niedrige Wasserpreise
zurückgeführt werden kann, sind es möglicherweise
die überhöhten Gewinnabführungsforderungen des
Kämmerers, die für diesen Besorgnis erregenden
Zustand verantwortlich sind.
Am
Leitungssystem zu sparen und es an nötiger Pflege und
Instandhaltung fehlen zu lassen, haben wir bisher eigentlich
eher als Kennzeichen einer privatisierten Wasserversorgung
wahrgenommen. Dass dies nun auch zur Geschäftspolitik
eines Unternehmens gehören soll, das sich mehrheitlich
in kommunaler Hand befindet, halten wir für inakzeptabel,
zumal damit erhebliche Kosten auf künftige Generationen
verlagert werden!
Wir
möchten Sie dringend bitten, endlich die Öffentlichkeit
und vor allem auch die parlamentarischen Gremien über
Ihre Wasserversorgungspolitik zu informieren, und insbesondere
darüber Auskunft zu geben, welches die Gründe für
die jetzige Dauerchlorierung in nahezu allen Verbrauchszonen
sind, und welche Maßnahmen Sie ergreifen wollen, um diesen
Zustand so schnell wie möglich zu beenden.
Mit
freundlichem Gruß
Dieses Schreiben geht als Offener Brief auch an die Mitglieder
des Stadtparlaments und an die Presse.