"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 14.6.2010

Städtische Werke: Bürger sollen sich beteiligen
Konsortium Thüga gilt als möglicher neuer Anteilseigner

 

Von Claas Michaelis

 

 

 

 

 

 

 

 

Kassel. Nach dem Willen von SPD und Grünen soll schon bald eine Bürgerbeteiligung an den Städtischen Werken Kassel aufgelegt werden. Die Rathaus-Fraktionen beider Parteien haben dazu einen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Danach solle der Magistrat prüfen, inwieweit eine Bürgerbeteiligung zum Beispiel über eine Genossenschaft möglich wäre.

Über die Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH (KVV) hält die Stadt bisher 75,1 Prozent an den Städtischen Werken. Dies soll nach den Vorstellungen von SPD und Grünen unverändert bleiben. Reduzieren würde sich dann der restliche Anteil, der derzeit noch Vattenfall gehört. Allerdings plant der Energiekonzern seine 24,9-Prozent-Beteiligung an den Städtischen Werken zu verkaufen. Derzeit laufen Verhandlungen mit Interessenten. Dabei hat die Stadt Kassel ein Mitspracherecht. Offizielle Stellungnahmen zum Stand der Verhandlungen geben derzeit weder Vattenfall noch die Stadt ab.

Dem Vernehmen nach gilt die frühere E.on-Tochter Thüga als Favorit. Thüga gehört heute einem Konsortium aus mehreren kleinen Stadtwerken sowie den Regionalversorgern Enercity aus Hannover , Mainova aus Frankfurt sowie N-Ergie aus Nürnberg . Weitere Interessenten sollen E.on Mitte und der Darmstädter Versorger HSE sein.

Laut Grünen-Fraktionschef Gernot Rönz bietet der Verkauf des Vattenfall-Anteils eine gute Gelegenheit, die Bürgerbeteiligung auf den Weg zu bringen. Er wünsche sich, dass Teile der 24,9-Prozent-Beteiligung wieder in Kasseler Hände kommen. Der finanzielle Spielraum der Stadt reiche dafür aber nicht.

Eine Beteiligung stärke die Bindung der Bürger zu ihrem Energieversorger, sagte Harry Völler für die SPD . Das sei ein guter Weg, sich von großen Konzernen zu lösen und die Energieversorgung zu kommunalisieren.

Hintergrund

"Energie in Bürgerhand"

In Freiburg hat sich vor etwas mehr als einem Jahr eine Genossenschaft namens "Energie in Bürgerhand" (EiB) gegründet.

Ziel der Initiatoren ist es, Anteile an der früheren Eon-Tochter Thüga zu kaufen. Das Unternehmen hält Beteiligungen an zahlreichen Stadtwerken und ist damit Deutschlands fünftgrößter Energieversorger. "Mit einer Beiteiligung von drei bis zehn Prozent verspricht sich die EiB zwar keinen großen Einfluss, aber doch immerhin genug Relevanz, um nicht ungehört zu bleiben", heißt es auf der Internetseite der Genossenschaft.

Bis Ende April 2010 hätten sich bereits 5000 Bürger mit einem Kapital von 27 Millionen Euro eingebracht, das sie auf Treuhandkonten legten. Derzeit werde der Einstieg bei der Thüga in intensiven Gesprächen mit dem Vorstand vorbereitet. (clm)

 


Kommentar

Nicht zum Nulltarif

Thomas Simon über die Anteilseigner

 
Vieles spricht dafür, die Energieversorgung in Kassel wieder komplett in die eigene Hand zu nehmen. Vattenfall schmückt sich damit, die Stadt mit Ökostrom aus Wasserkraftwerken zu beliefern. Das trifft zwar zu, ist aber nur die halbe Wahrheit. Vattenfall hat als Betreiber von störanfälligen Atomkraftwerken auch schon jede Menge Negativschlagzeigen gemacht.

Währen die marktbeherrschenden Großunternehmen nach wie vor auf Kernenergie setzen, stehen kommunale Versorger wie die Städtischen Werke für desentrale Strukturen und alternative Energien. Alle Umfragen belegen, dass die Mehrheit der Bevölkerung den Atomausstieg für richtig hält.

Ob die Kasseler deshalb aber auch bereit sind, Geld für Anteile an den Städtischen Werken in die Hand zu nehmen, steht noch längst nicht fest. Dafür muss es ein überzeugendes Konzept mit einer klaren Perspektive geben. Deshalb ist es höchste Zeit, das brisante Thema nicht nur hinter verschlossenen Türen zu diskutieren. Finanzielle Bürgerbeteiligung gibt es nicht zum Nulltarif.